Reality-Show:Mann, Miriam!

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Sechs brünstige Männer haben 14 Tage um die Wette gebalzt. Sexy Miriam, das erfahren die Zuschauer ganz am Anfang, die Kandidaten aber erst am Schluss, ist in Wahrheit ein Mann.

Von Raphael Honigstein

Sechs brünstige Männer in einer weißen Villa auf den Balearen, 20 Kameras und Miriam, ein sinnliches, mexikanisches Top-Modell mit 15.000 Pfund Preisgeld und den Schlüsseln für eine Luxusyacht im knappen Bikini. Welch eine TV-Sendung! Und die in dem Boys-Camp internierten Kandidaten (Karatelehrer, Koch, Liedermacher, Bademeister) sind allesamt echte Engländer: bevor Miriam sich antatschen lassen darf, hat einer im Vollrausch in den Pool gepinkelt.

"Car crash"-Fernsehen - man will nicht hinschauen, kann aber nicht anders - haben die Briten am besten drauf. There's something about Miriam, die am Sonntag auf den Pay-TV Sender Sky angelaufene Reality-Show, jagt jetzt aber das gute, alte Herzblatt-Format bis weit über die Schmerzgrenze: Sexy Miriam, das erfahren die Zuschauer ganz am Anfang, die Kandidaten aber erst nach 14 Tagen Balzzeit, ist in Wahrheit ein Mann. Noch Fragen? "Ich kann nach einer eingehenden Untersuchung bestätigen, dass Miriam männliche Genitalien hat", gibt ein spanischer Arzt am Ende der ersten Folge zu Protokoll.

Als Miriam letztlich vor den Bewerbern den Rock lüftete, mag der Unterschied ein kleiner gewesen sein, doch der Schock war groß. Einer der Männer soll einen Produzenten niedergestreckt haben. Fast hätte es "Miriam" denn auch nicht auf den Schirm geschafft - im Oktober verklagten die sechs Gefoppten den Sender Sky und die Produktionsfirma Brighter Pictures, eine Endemol-Tochter, unter anderem wegen sexueller Nötigung. Man hätte vor der Sendung nicht zugestimmt, von einem Mann geküsst und angefasst zu werden. Feuergefechte mit Saddams Elitetruppen hätten ihn nicht so traumatisiert zurück gelassen wie die Begegnung mit Miriam, behauptete gar Dom, der bullige Soldat.

Anfang des Monats einigten sich die Parteien außergerichtlich. Angeblich zahlte Sky jedem Teilnehmer 100.000 Pfund, um das Spektakel ausstrahlen zu können. Der Sender hatte ursprünglich erwägt, "Miriam" als Lehrstück über sexuelle Vorurteile zu verkaufen, doch die Fiebrigkeit der transsexuellen Knutschereien zog das Programm schnell in Richtung Schadenfreude. Und genau das ist Problem: Die Jungs sind zwar tumbe Trunkenbolde mit Druck in der Badehose, aber nicht dermaßen unsympathisch, dass man ihnen gleich eine ausgewachsene Identitätskrise an den Hals wünscht.

Und Miriam? Sie spielt die Rolle der naiven, fummelfreudigen Schönheit so perfekt, dass man eher Angst als Lachkrämpfe bekommt.

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