Porträt:Voll Profi

Lesezeit: 4 min

Die Schauspielerin Kirsten Dunst arbeitet hart, mag keine Klischees und lächelt über George Clooneys politische Ambitionen.

Von Verena Mayer

Kirsten Dunst begrüßt einen mit dem Satz: "Endlich mal eine Frau!" Seit Stunden sitze sie hier, sagt sie, und sie sei nur von Männern interviewt worden. Wobei die Schauspielerin nicht vorhat, ein Gespräch von Frau zu Frau zu führen. Im Gegenteil. Sie erzählt nichts Privates, die Worte, die sie in den nächsten fünfzehn Minuten am häufigsten gebrauchen wird, sind "harte Arbeit" und "Karriere". Aufrecht sitzt sie auf ihrem Stuhl, in ihrer schwarzen Hose und der cremefarbenen Bluse wirkt sie wie eine Managerin, die darauf wartet, dass in der Vorstandssitzung endlich mal was rumkommt.

Eine ruhige Suite in einem Berliner Fünf-Sterne-Hotel. Kirsten Dunst ist aus Hollywood in die Hauptstadt gekommen, weil Berlinale ist. Und Dunst versucht erst gar nicht so zu tun, als sei dies hier etwas anderes als Arbeit. Sie erzählt ruhig und mit leicht gerunzelter Stirn, man merkt, dass sie jeden Satz zu Ende denkt, bevor sie ihn ausspricht. Und man muss sagen: Das hat etwas. Denn die diesjährige Berlinale war ja schon auch das Festival der Männer mit der großen Klappe. Jury-Mitglied Lars Eidinger zeigte auf einer Party seinen nackten Hintern und machte mit Karrieretipps wie diesem von sich reden: "Du musst so lange in die Ecke pinkeln, bis es alle riechen." Der Schauspieler Daniel Brühl glaubte, Europa vor einem Rechtsruck warnen zu müssen, und da war natürlich George Clooney. Der marschierte schnurstracks ins Kanzleramt, um mit Angela Merkel die Weltlage zu bequatschen, und war auch sonst auf eine Art dauerpräsent, dass die Berliner ihre Festspiele irgendwann nur noch "Clooneynale" nannten. Da ist man dann ganz froh, wenn eine Schauspielerin einfach nur dasitzt und wie ein Profi ihren Job erledigt.

Kirsten Dunst, 33, hat zwei Drittel ihres Lebens im Filmgeschäft verbracht. Den Durchbruch schaffte sie als Elfjährige in "Interview mit einem Vampir". (Foto: Pascal Le Segretain/Getty Images)

So wie in ihrem neuesten Film "Midnight Special", der im Wettbewerb der Berlinale lief und soeben in die deutschen Kinos kam. Da spielt Kirsten Dunst eine Mutter, die einen sehr speziellen Sohn hat. Der ist mit Göttern oder Außerirdischen verwandt, die irgendwo da draußen sind, so genau weiß man das nicht. Nur, dass sowohl das Militär als auch eine Sekte den Jungen entführen wollen. Und Kirsten Dunst tut einfach, was eine Mutter tun muss. Sie beschützt ihren Sohn, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. "Es gibt einen höheren Plan für diese Frau, und sie wartet wie eine Heilige darauf, dass sich ihr Schicksal erfüllt", sagt Kirsten Dunst.

Aber ist das nicht eine sehr passive Rolle? Zumal der Film um Männer kreist, die sie entweder beschützen oder ihr schaden wollen. Nein, sagt Dunst. Und selbst wenn. Sie spiele in dem Film, weil sie unbedingt mit Jeff Nichols arbeiten wollte. Der gilt derzeit als einer der talentiertesten Jungregisseure. In "Midnight Special" kreuzt Nichols ein Roadmovie mit Science-Fiction, und eine anrührende Eltern-Kind-Geschichte ist das Ganze auch noch. Sie wähle ihre Rollen sehr sorgfältig, sagt Kirsten Dunst, "man muss dabei strategisch sein, wie in jeder Karriere." Da ist es wieder, das Wort Karriere.

Die Filmindustrie kennt die 33-Jährige so lange wie kaum eine andere Schauspielerin ihres Alters. Seit zwei Jahrzehnten nämlich, "eigentlich könnte ich inzwischen in Rente gehen". Als Kind modelte sie und drehte mit Woody Allen und Tom Hanks. Ihren Durchbruch hatte sie mit elf, da spielte sie in "Interview mit einem Vampir" die Hauptrolle an der Seite von Brad Pitt und Tom Cruise. Weltweit bekannt ist sie seit den Spiderman-Filmen, in denen sie die Freundin des Superhelden spielte. Wie bleibt man eigentlich so lange im Geschäft, ohne Schaden zu nehmen wie so viele andere Kinderstars? Kirsten Dunst sagt, man habe es als Kind in Hollywood fast einfacher. "Man spürt keine Bürde, wenn man so früh beginnt. Das Spielen ist dann wie für andere Kinder Ballett oder Tennis, man weiß, das ist der Beruf." Und im Unterschied zu Ballett oder Tennis könne man in diesem Beruf alt werden.

Und die Männerwelt? Gerade hat Meryl Streep bei der Berlinale darauf hingewiesen, wie hart es für Frauen sei, in der Filmbranche auf eine "Vorstandsetage voller vierzig- bis fünfzigjähriger weißer Männer" zu treffen. Kirsten Dunst sagt, sie sei ein "Girl's girl" und suche sich bewusst Regisseurinnen. Oder Männer, die in ihren Filmen Frauen in den Mittelpunkt rücken und zwar in allen ihren Facetten. So wie Lars von Trier, in dessen Film "Melancholia" Kirsten Dunst 2011 eine Frau spielte, die, von schweren Depressionen geschüttelt, das Ende der Welt herbeisehnt. In Interviews hat Dunst später gesagt, dass sie in dem Film ihre eigenen Depressionen verarbeitet habe. Sie war deswegen in Behandlung und musste eine Auszeit nehmen. Einer der wenigen Brüche in der Karriere.

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Die fünfzehn Minuten Gespräch sind um, Kirsten Dunst muss weiter. Zur Pressekonferenz, um über ihren Film zu sprechen, zu den Fotografen auf den roten Teppich. Dort steht sie ruhig in einem schlichten schwarzen Hängerkleid, während die Männern um sie herum Faxen für die Kameras machen.

Hat sie denn etwas von der Flüchtlingskrise mitbekommen, die ständig Thema bei der Berlinale war? Kirsten Dunst erzählt, ein Teil ihrer Familie lebe in Deutschland. Ihr Vater, ein Mediziner, den sie "sehr lutheranisch" nennt, war aus Hamburg in die USA ausgewandert, sie selbst hat einen deutschen Pass. Sie interessiere sich für die Situation in Deutschland, verfolge die Politik. Würde sie denn auch zu Angela Merkel gehen wie ihr Kollege Clooney? Kirsten Dunst guckt, als wüsste sie nicht, ob sie dieser Gedanke interessieren oder belustigen soll. "Das ist eben George", sagt sie schließlich. "Wahrscheinlich will er eines Tages Präsident werden."

© SZ vom 20.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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