Pop aus Nordkorea:Hin und weg

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Mitglieder von Moranbong bei der Ankunft in Peking am Samstag. Kurz darauf flogen die Musikerinnen im Offiziersrang unverrichteter Dinge wieder ab. (Foto: Reuters)

Nordkoreas Popband "Moranbong" sollte am Wochenende in Peking auftreten. Doch die Show fiel aus. Die Damen reisten nach wenigen Stunden wieder ab.

Von Kai Strittmatter, Peking

Weg waren sie, und Peking staunt. Die jungen Frauen der Girl-Group Moranbong sollten Nordkoreas erster Soft-Power-Export werden. Aber noch bevor sie ihren Charme an der Parteielite des Nachbarn China hätten austesten können, reisten sie überstürzt ab, nur wenige Stunden vor dem ersten Pekinger Konzert am Samstag. Ein Eklat, für den es bisher keine Erklärung gibt. "Kommunikationsprobleme auf der Arbeitsebene", meldete Chinas amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. Das macht die Sache nicht weniger rätselhaft.

Moranbong sind Nordkoreas populärste Band, Jungdiktator Kim Jong Un soll die Damen 2012 persönlich ausgesucht haben. Mit Südkoreas poppig-bunten Girlgroups haben die Moranbong-Mitglieder - allesamt im Offiziersrang - eigentlich nur das Geschlecht gemeinsam. Sie alle sind talentierte Musikerinnen, ihre Show ist eine mit Beats und E-Gitarre aufgepeppte kommunistische Abendgala. Zum Repertoire gehören Propagandaklassiker wie "Unser Land ist das beste" oder "Wir brauchen auf niemanden neidisch zu sein". Haare und Röcke tragen sie bei ihren Auftritten für nordkoreanische Verhältnisse ungewöhnlich kurz, das vor allem machte sie zu Idolen der jungen Frauen dort.

Nun schießen die Spekulationen ins Kraut. Kim Jong Un hat auch drei Jahre nach seiner Machtübernahme bis heute nicht China besucht, den letzten Alliierten seines Landes. Die "Freundschaftskonzerte" in Peking waren eigentlich als Signal gedacht fürs angeknackste Verhältnis. Gerüchte gibt es jetzt zahlreiche: Gab es Streit um eine Verszeile? Passte den Chinesen das plötzliche Drohen Kims mit der Wasserstoffbombe nicht? Keiner weiß es.

Moranbong selbst waren allerdings in der Vergangenheit bestes Beispiel dafür, dass Gerüchte über Nordkorea oft hanebüchen sind: Der Bandleaderin Hyon Song Wol war vor zwei Jahren vom südkoreanischen und westlichen Boulevard schon einmal ein Sexskandal und gar die eigene Hinrichtung angedichtet worden. In Peking nun war die Dame quicklebendig mit angereist. Und reiste am Samstag ebenso quicklebendig wieder ab.

© SZ vom 14.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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