Pharmazie:Bestechendes Rezept

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Manche Pharma-Firmen honorieren es offenbar wenn Ärzte ihre Präparate bevorzugt verschreiben. Laut Berufsordnung ist das verboten, es wird aber immer wieder von Bestechung und Bestechungsversuchen berichtet.

Von Holger Wormer

Ausgefeilte Servicekonzepte" verspricht das Pharma-Unternehmen Sandoz im Internet. Und der Marketingleiter der Firma CT-Arzneimittel hofft im Netz auf "mehr Marktanteile durch den effizienten Einsatz des Marketing-Mixes".

Fraglich ist, ob jeder "Marketing-Mix" sich innerhalb der Legalität bewegt. Im Fachblatt arznei-telegramm berichtet jetzt ein Arzt, eine Vertreterin der Firma CT habe ihm ein Honorar angeboten, wenn er ihre Präparate bevorzugt verschreibe. "Nach der Berufsordnung ist das verboten", sagt ein Sprecher der Bundesärztekammer.

Konkret so der betreffende Arzt, seien ihm "fünf Prozent der Kosten des Arzneimittels" als Honorar angeboten worden, bei Umsatzsteigerung noch einmal 7,5 Prozent.

"Das Ganze liefe natürlich ohne schriftlichen Vertrag. Andere ärztliche Kollegen hätten zugesagt, sich an der Aktion zu beteiligen", zitiert der Arzt die Vertreterin.

Die Geschäftsleitung von CT-Arzneimittel erklärt dazu auf Anfrage der SZ, man halte sich an die Bestimmungen und werde "etwaigen Verstößen, wie Zahlungen ohne Gegenleistungen des Arztes, nachgehen, um sie künftig auszuschließen".

Bestechungsversuche sind keine Einzelfälle. "Uns fliegen immer wieder entsprechende Schreiben auf den Tisch", sagt Norbert Schleert, Arzneimittel-Experte beim AOK-Bundesverband.

Auch unter vier Augen berichteten Pharma-Vertreter von Korruptionsversuchen in der Branche. "Juristisch verwertbar ist das aber leider nur in seltenen Fällen", sagt Schleert.

Komplizierte Rechtslage

Oft liege das an der komplizierten Rechtslage. Und manche Firmen greifen auch zu besonderen Tricks: Wenn Ärzte Präparate eines Herstellers bevorzugen, wird das nicht direkt honoriert.

Statt dessen erhält der Mediziner beispielsweise für einen - an sich zulässigen - Fachvortrag bei der Firma ein höheres Honorar. Auch machen Firmen ihre Verträge nicht mit einzelnen Ärzten, sondern "Arztnetzen", Zusammenschlüssen von mehreren Dutzend bis einigen hundert Ärzten.

Das erlaubt der Gesetzgeber in engen Grenzen, wenn dadurch eine Kosteneinsparung für das Gesundheitswesen zu erwarten ist. Zur Ausschaltung von Konkurrenten sind solche Verträge jedoch nicht gedacht.

Genau von so einem Vertrag zwischen der Firma Sandoz und einem "Gesundheitsnetz" berichtet nun ebenfalls das arznei-telegramm.

In dem (nicht unterschriebenen) Mustervertrag, der auch der Süddeutschen Zeitung vorliegt, wird den Ärzten indirekt eine Provision angeboten: "Das Gesundheitsnetz erwirbt einen Anspruch auf Provision für die im Vertragsgebiet vertriebenen Produkte der Sandoz", heißt es darin.

Konfrontiert man die Firma Sandoz mit dieser Passage, so beruft man sich dort darauf, dass es sich um einen Netzvertrag handle: "Das ist ganz anders zu betrachten als ein einzelner Arzt", sagt Petra Besinger von der Novartis-Tochterfirma: "Das ist erlaubt."

Beim AOK-Bundesverband sieht man das anders: "Wenn der Zweck eines Vertrags ist, das Verhalten der Netzärzte so zu verändern, dass Präparate einer bestimmten Firma verschrieben werden, halten wir das für nicht zulässig", so Schleert.

Seit Freitag beschäftigt der Fall nach SZ-Informationen auch den Gesundheitsausschuss im Bundestag: Dessen Vorsitzender bittet das Gesundheitsministerium, die Sache zu prüfen.

© SZ vom 11.9.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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