Osterfeierlichkeiten:Ein stummer Segen des Papstes

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Johannes Paul II. hat zehntausenden Gläubigen auf dem Petersplatz und Millionen zu Haus vor den Fernsehern und Radiogeräten den Segen selbst erteilt - konnte jedoch nicht sprechen. Seine Osterbotschaft verlas Kardinalstaatssekretär Sodano. Zuvor hatte die Ostermesse ohne den Papst stattgefunden.

Mit einer verzweifelten Willensanstrengung hat der schwer kranke Papst Johannes Paul II. am Ostersonntag in Rom den Segen "Urbi et Orbi" (Der Stadt und dem Erdkreis) erteilt.

Der Papst lies es sich nicht nehmen, den Segen Urbi et Orbi zu erteilen. (Foto: Foto: AP)

Allerdings konnte der Kirchenführer rund einen Monat nach seiner Luftröhrenoperation so gut wie nicht sprechen.

Statt der kurzen lateinischen Segensformel war lediglich ein Stöhnen zu vernehmen.

"Der Wille war da, die Segensformel zu sprechen. Der Segen ist daher gültig", kommentierte ein deutscher Theologe in Rom. Experten im Vatikan sprechen in einem solchen Fall von einem "stummen Segen".

Der kurze Auftritt von Papst Johannes Paul II. Am Ostersonntag hat die Sorge um den schwer kranken 84-Jährigen verstärkt.

Es war der erste öffentliche Auftritt des Papstes seit Palmsonntag, als er nur für eine Minute an seinem Fenster erschienen war.

Dieses Mal harrte der von seiner Krankheit schwer gezeichnete 84-Jährige fast eine Viertelstunde lang aus und las an seinem Fenster stumm mit, während Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano die Osterbotschaft vortrug.

Johannes Paul hatte Schwierigkeiten, seinen Kopf aufrecht zu halten, und hustete mehrmals. Noch im vergangenen Jahr hatte der Papst die Predigt selbst gehalten und zu einer Friedensbotschaft an die ganze Welt genutzt.

Aufruf zur Bekämpfung von Hunger und Armut

In der von Sodano verlesenen Botschaft wurde zur Bekämpfung von Hunger und Armut aufgerufen. Die Menschen sehnten sich nach "Wahrheit, Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden". Der Inhalt der Predigt trat jedoch angesichts des beängstigenden Zustands des Papstes in den Hintergrund.

"Nun sind alle traurig, und viele haben Tränen in den Augen", sagte Hubert Wichert, ein deutscher Besucher, der aus Essen angereist war. Ein Franzose kommentierte: "Es ist eine Qual für ihn, und man konnte sehen, wie frustriert er war. Man muss seine Stärke bewundern."

Es war das erste Mal seit seiner Entlassung aus dem Krankenhaus am 13. März, das Johannes Paul überhaupt öffentlich zu sprechen versuchte. In den vergangenen zwei Wochen hatte er auf Anraten seiner Ärzte darauf verzichtet.

Bei seiner Luftröhrenoperation Ende Februar war dem 84-Jährigen zur Erleichterung seiner Atembeschwerden ein Plastikröhrchen eingesetzt worden, das ihn beim Sprechen behindert. Kurz vor seiner Entlassung aus dem Krankenhaus hatte er den vor der Gemelli-Klinik wartenden Gläubigen jedoch "einen guten Sonntag" gewünscht.

Zum ersten Mal in den 26 Jahren seines Pontifikats musste der Papst in diesem Jahr weitgehend auf die Teilnahme an den Feierlichkeiten der Karwoche und der Ostertage verzichten.

Während Sodano die Ostermesse leitete, wurde Johannes Paul in der Nacht zum Sonntag von dem deutschen Kardinal Joseph Ratzinger vertreten. Ratzinger verlas eine Botschaft das Papstes, in der dieser versicherte, er verfolge die Messe in seiner Wohnung am Fernseher.

Anders als am Karfreitag wurden aber keine Videoaufnahmen des Papstes übertragen. Die Ausstrahlung am Freitag hatte in der Öffentlichkeit große Besorgnis erregt, weil er nur von hinten gezeigt wurde.

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