O. J. Simpson:Schuldig!

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Kidnapping, Verschwörung, Einbruch, Raubüberfall: O. J. Simpson wird voraussichtlich den Rest seines Lebens in Haft verbringen.

Jörg Häntzschel

O. J. "The Juice" Simpson war berühmt dafür, sich aus allem herauszuwinden, was man ihm vorwarf. Als er 1994 unter dringendem Verdacht stand, seine Ex-Frau und dessen Freund ermordet zu haben. "Nicht schuldig" lautete damals das Urteil am Ende eines der spektakulärsten Gerichtsfälle der letzten Jahrzehnte. Doch nun scheint ihm der Saft ausgegangen zu sein. In seinem jüngsten Prozess befand ihn am Freitag eine Jury in Las Vegas in allen zwölf Anklagepunkten für schuldig, darunter Kidnapping, kriminelle Verschwörung, Einbruch und bewaffneter Raubüberfall. Erst im Dezember wird bestimmt, für wie lange Simpson ins Gefängnis muss. Doch sehr wahrscheinlich wird der heute 61-jährige ehemalige Superstar des amerikanischen Sports den Rest seines Lebens in Haft verbringen.

O. J. Simpson wird wohl den Rest seines Lebens im Gefängins bleiben. (Foto: Foto: reuters)

Alles drehte sich um einige Football-Andenken, Erinnerungsstücke und private Fotos, von denen Simpson behauptete, sie seien vor Jahren von einem ehemaligen Freund aus seinem Haus gestohlen worden. Mittlerweile waren die Sachen in den Besitz von zwei Händlern gelangt, die sie im September 2007 in einem 35-Dollar-Zimmer im abgehalfterten Hotel Palace Station in Las Vegas einem potentiellen Käufer anbieten wollten.

Doch der angekündigte Sammler erwies sich als Simpson selbst. Mit fünf angeheuerten Männern, alle mit langjährigen Verbrecherkarrieren, platzte er in das Zimmer, um die Andenken zurückzuholen. Mindestens einer von ihnen drohte den beiden Händlern mit einer Waffe. Simpsons Chancen in diesem Prozess standen nie sehr gut: Mehrere Stunden Tonaufnahmen dokumentieren die Vorbereitung des Überfalls wie auch diesen selbst in allen Details. Warum Simpson nie Anzeige erstattete, um seinen Besitz auf konventionelle Weise zurückzubekommen, blieb in dem Prozess ebenso unklar wie die Frage, ob er glaubte, jemals ungescholten für den Überfall im Hollywood-Stil davonzukommen.

Bemerkenswert ist aber vor allem der doppelte Absturz des einstigen Stars. Er unterlag nicht nur vor Gericht. Auch seine einstige Fangemeinde hat sich längst abgewendet. Auch die Zelte, die während des Prozesses für die Presse aufgebaut worden waren, blieben leer. Es kamen kaum Schaulustige, und wenn sie gekommen wären, hätten sie einen traurigen, einsamen Mann gesehen, der nichts mehr von dem triumphalen Outlaw hatte, als der er 1995 in die Annalen der Mediengeschichte eingegangen war.

Als die Polizei nach dem Mord an Nicole Brown Simpson und deren Freund Ronald Goldman kam, um Simpson abzuholen, spielte dieser mit der Polizei ein surreales Katz-und-Maus-Spiel, das neben dem Lewinsky-Skandal zum größten Medienereignis der neunziger Jahre wurde. Stundenlang kurvte er in dem berühmten weißen Ford Bronco durch Los Angeles, eine Kolonne von Polizeiwagen hinter sich, ein Dutzend Fernsehhelikopter darüber, und Tausende Schaulustige entlang der Straßen, als handle es sich um einen Triumphzug. Der nachfolgende Prozess, der die US-Medien monatelang beschäftigte, bekam sogar politische Untertöne, nachdem Schwarzen-Aktivisten den Prozess zum Anlass nahmen, um den Rassismus der Justiz zu beklagen.

Simpson wurde freigesprochen, doch er nährte immer wieder kokettierend den Verdacht, dass er durchaus schuldig war: In einem Video spielt er mit einem Messer ähnlich jenem, mit dem die Morde ausgeführt wurden. Und in seinem bizarren Skandalbuch "If I Did It" (Wenn ich es getan hätte) schildert er das Verbrechen so, als sei er damals der Mörder gewesen. Viele bringen die vermeintlich offene Rechnung von damals mit der jetzigen Verurteilung in Verbindung. Tatsächlich wurde Simpson einfach verurteilt wie ein Gangster von vielen.

© SZ vom 06.10.2008/jüsc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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