Nach verheerender Gasexplosion:Mörder spaziert aus dem Gericht

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Nach einer verheerenden Gasexplosion in einem Düsseldorfer Mietshaus mit sechs Toten ist der damalige Hausbesitzer jetzt zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Er bleibt zunächst auf freiem Fuß.

Das Duisburger Landgericht hat im Fall der verheerenden Gasexplosion, bei der vor fast elf Jahren sechs Menschen starben, den früheren Hausbesitzer des sechsfachen Mordes schuldig gesprochen.

Der Angeklagte Heinz N. auf dem Weg zum Gerichtssaal des Landgerichts Duisburg. (Foto: Foto: dpa)

Außerdem stellte das Gericht die besondere Schwere der Schuld des 48 Jahre alten Mannes fest. Damit ist eine Entlassung nach der Mindesthaftdauer von 15 Jahren ausgeschlossen.

Trotzdem konnte der ehemalige Mietshaus-Besitzer am Freitag das Duisburger Landgericht zunächst als freier Mann verlassen. Bis das Urteil rechtskräftig wird, bleibt der Verurteilte in Freiheit. Mehrere Richter sagten, es habe am Freitag erstmals ein sechsfacher Mörder ein deutsches Gericht nach dem Schuldspruch auf freiem Fuß verlassen können.

Das Bundesverfassungsgericht hatte seine Entlassung nach mehr als acht Jahren Untersuchungshaft angeordnet, weil die "überlange Verfahrensdauer" durch Fehler der Justiz verursacht worden sei. Der Fall ist bereits jetzt einer der längsten Mordprozesse in der deutschen Justizgeschichte. Vier Jahre Haft wurden wegen der langen Verfahrensdauer bereits für vollstreckt erklärt.

"Wirtschaftliche Erwägungen"

"Er wollte die Wände des Hauses zum Wackeln bringen und hat den Tod der Mieter in Kauf genommen", sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Ramacher. Deswegen habe der damalige Besitzer von vier Mietshäusern in der Düsseldorfer Krahestraße einen befreundeten Handwerker beauftragt, die Gasleitung im Keller des Hauses Nummer 8 aufzudrehen.

Das Motiv der Tat, bei der das vierstöckige Mietshaus in der Nacht zum 24. Juli 1997 mitsamt der schlafenden Mieter eingestürzt war, seien ausschließlich "wirtschaftliche Erwägungen" gewesen, befand das Duisburger Schwurgericht.

Der Mann habe das Ziel gehabt, "die Mieter aus den Wohnungen zu komplimentieren". Dabei seien auch Begriffe wie "Entmietung" und "Warm-Sanierung" gefallen, die "an Zynismus und Menschenverachtung kaum noch zu überbieten sind", sagte Ramacher.

"Aber das war offensichtlich die Gedankenwelt des Angeklagten." "Ich verstehe nicht, warum er nicht abgeführt wird und den Saal verlassen darf", sagte eine Überlebende der Explosion, die damals schwer verletzt aus den Trümmern geborgen wurde und ihre Tochter verlor.

Der Verteidiger des Angeklagten wollte noch nicht sagen, ob er erneut gegen das Urteil Revision einlegen und vor den Bundesgerichtshof (BGH) ziehen wird.

Im Fall des Hausbesitzers hatte der BGH zwei frühere Urteile des Düsseldorfer Landgerichts aufgehoben und den Fall nach Duisburg verwiesen. Der befreundete Dachdecker, der im Auftrag des Eigentümers einen Stopfen aus der Gasleitung gedreht hatte, sitzt bereits seit Jahren seine lebenslange Haftstrafe ab.

Er hatte die Tat und auch vorherige Brandstiftungen in dem Haus gestanden, aber wie der Hausbesitzer eine Tötungsabsicht bestritten.

Der Hausbesitzer hatte sich in der dritten Neuauflage des Prozesses erstmals selbst zu Wort gemeldet und beteuert, dass er weder einen Menschen töten noch das Haus habe zerstören wollen. Es sei lediglich eine leichte Verpuffung geplant gewesen, um den "aufmüpfigen" Mietern vor Augen zu führen, wie notwendig eine Sanierung des Hauses sei.

© sueddeutsche.de/dpa/gdo/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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