Nach Protesten in Marokko:König widerruft Begnadigung eines Kinderschänders

Lesezeit: 1 min

Polizisten versuchen die Proteste niederzuschlagen: Auf Druck der Demonstranten widerruft Marokkos König die Begnadigung eines Kinderschänders.  (Foto: AFP)

Ein Pädophiler soll in Marokko elf Kinder vergewaltigt haben, trotzdem hat Mohammed VI. ihn begnadigt. Nun zwingen landesweite Proteste den König dazu, die Entscheidung zurückzunehmen. Doch der Täter hat das Land längst verlassen.

"Das ist eine Schande, die Kinder des Volkes sind in Gefahr!", riefen die Demonstranten, die sich am Freitag vor dem Parlament in Rabat zusammengefunden hatten. Ihre Wut galt der Entscheidung des marokkanischen Königs Mohammed VI., der am Mittwoch einen spanischen Kinderschänder begnadigt hatte. Die Polizei ging brutal gegen die versammelten Menschen vor, Dutzende wurden verletzt.

Unter dem Druck der landesweiten Proteste rudert Mohammed VI. nun zurück: Am Sonntagabend hat er den Erlass widerrufen. Der Monarch habe sich angesichts der "Schwere der Verbrechens und aus Respekt vor den Opfern" zu diesem Schritt entschlossen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur MAP und berief sich auf eine Mitteilung des Hofs. Ob sich die aufgebrachte Bevölkerung allerdings dadurch beschwichtigen lässt, ist fraglich. Denn Daniel G., der freigelassene Pädophile, hat das Land inzwischen verlassen und soll in seine spanische Heimat zurückgereist sein.

"Bedauernswerte Freilassung"

Jetzt sollen die Justizministerien Spaniens und Marokkos das weitere Vorgehen gegen G. absprechen. Zudem sollten die Umstände der "bedauernswerten Freilassung" des Mannes untersucht werden, hieß es. Der 64-jährige war im Jahr 2011 wegen Vergewaltigung von elf Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen vier und 15 Jahren zu 30 Jahren Haft verurteilt worden. Er war Anfang der Woche im Rahmen einer Amnestie des Königs für insgesamt 1044 Menschen anlässlich des 14. Jahrestags der Thronbesteigung begnadigt worden.

Im Hinblick auf die Empörung in Marokko in den vergangenen Tagen betonte das Außenministerium in Madrid, die Liste der Begnadigten sei von den marokkanischen Behörden zusammengestellt worden. Die oppositionellen Sozialisten kündigten an, am Montag im Madrider Parlament eine Stellungnahme von der konservativen Regierung einzufordern.

26.000 vergewaltigte Kinder jährlich

Für Dienstag und Mittwoch hatten Menschenrechtsgruppen zu einer Großdemonstration in Casablanca, der bevölkerungsreichsten Stadt des Landes, aufgerufen. Ob diese Proteste auch nach der Annullierung des Erlasses stattfinden sollen, war vorerst nicht bekannt.

Die Nichtregierungsorganisation "Touche pas à mon enfant" (Fass mein Kind nicht an) schätzt die Zahl der jährlich im Königreich Marokko vergewaltigten Kinder auf 26.000. Auf das Konto gut organisierter Pädophilennetze - die vor allem in Marrakesch tätig sind - geht ein beträchtlicher Teil dieser Verbrechen.

© Süddeutsche.de/dpa/soli - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: