Nach dem Brand in Ludwigshafen:Schäuble warnt vor falschen Verdächtigungen

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Im Zusammenhang mit dem Brand in Ludwigshafen vermuten einige türkische Medien einen Anschlag mit fremdenfeindlichen Hintergrund. Jetzt hat sich Bundesinnenminister Schäuble zu Wort gemeldet. Der türkische Ministerpräsident Erdogan besucht heute den Unglücksort.

Schäuble warnte vor falschen Verdächtigungen. "Wenn man Integration will, und ich will das, dann heißt das auch, dass man die aufnehmende Gesellschaft vor falschen Verdächtigungen und Pauschalurteilen in Schutz nehmen muss", sagte Schäuble der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) laut Vorabmeldung.

Polizisten stehen vor dem abgebrannten Mehrfamilienhaus am Danzigerplatz in Ludwigshafen. Die Brandursache ist noch ungeklärt. (Foto: Foto: ddp)

Die Menschen in Deutschland fühlten sich genauso betroffen. "Wir sind in unserer Betroffenheit über Todesopfer nicht von der Staatsangehörigkeit abhängig", so der Innenminister weiter. Dass die Türkei eigene Ermittler an den Brandort entsenden will Schäuble nach eigenen Worten nicht als Zeichen des Misstrauens verstanden wissen.

"Ich verstehe das als den Wunsch, den in Deutschland lebenden Türken und Menschen türkischer Abstammung die zusätzliche Versicherung zu geben, dass nichts unter den Teppich gekehrt wird. Wir wissen, dass es für solche Sorgen keinen Grund gibt, aber in dem Sinne habe ich gleich gesagt, dass wir das begrüßen."

Unterdessen kritisierte die Alevitische Gemeinde in Deutschland die Stimmungsmache in den türkischen Medien. Ihr Präsident Ali Ertan Toprak sagte in Köln: "Der tragische Tod von Menschen eignet sich nicht für hetzerische Spekulationen durch die türkischen Medien." Eine Spaltung der Gesellschaft in Täter- und Opfergemeinschaften müsse verhindert werden. Die Medien seien gut beraten, die Ermittlungsergebnisse der Polizei abzuwarten.

"Helden unserer Zeit"

Schäuble bezeichnete zudem in der WAZ die Retter bei der Brandkatastrophe von Ludwigshafen als Helden. "Man darf über alle Betroffenheit nicht den Dank an die Polizei und die Feuerwehr vergessen, die unter großer Gefahr für ihr Leben Leben gerettet haben", sagte der CDU-Politiker. "Polizisten und Feuerwehrleute gehören oft zu den Helden unserer Zeit."

Auch das Ludwigshafener Brandopfer Kamil Kaplan äußerte sich positiv über die Rettungskräfte. Er wolle sich bei Polizei und Feuerwehr bedanken, sagte Kaplan, der seinen kleinen Neffen aus dem Fenster in die Arme eines Polizisten fallen ließ, am Mittwochabend.

Er warnte seine Landsleute in Deutschland, etwas Falsches zu machen. Zuvor hatten Ermittlungsbehörden vor allem die in türkischen Medien erhobene Vorwürfe gegen die Feuerwehr zurückgewiesen. Für Bestürzung sorgte ein Vorfall, bei dem ein 37-jähriger, in der Türkei geborener Mann laut Polizei in einem Lokal einem Feuerwehrmann Vorhaltungen machte und ihn umstieß.

"Ich denke, wir sind alle gleich. Wir sind alle Menschen und jeder kann Fehler machen", sagte Kaplan. "Hauptsache, jeder war da", betonte Kaplan und bedankte sich ausdrücklich bei den Einsatzkräften und den Helfern, die seit vier Tagen bei den Opfern seien. Er wolle niemandem Vorwürfe machen, solange man nichts Genaues wisse.

Unterdessen wird der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan am Donnerstag zu einem Besuch in Deutschland erwartet. Nach seiner für 15.30 Uhr geplanten Ankunft in Frankfurt am Main führt ihn sein erster Weg nach Ludwigshafen, wo er den Ort der Brandkatastrophe besichtigen wird. Danach will er Verletzte im Krankenhaus besuchen.

Am Mittwoch war bereits der türkische Staatsminister Mustafa Sait Yazicioglu in Ludwigshafen, wo er mit der Staatsministerin für Integration, Maria Böhmer, vor der Brandruine zusammentraf. Er brachte vier türkische Brandexperten mit, die auf Bitte der Regierung die Ermittlungen der deutschen Polizei beobachten sollen.

Nazi-Symbole am Haus

Nach dem verheerenden Brand mit neun Toten in Ludwigshafen hatten Ermittler Nazi-Symbole an der Ruine des Wohnhauses gefunden. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte, neben dem Eingang habe das Wort "Hass" gestanden.

Mehrere Medien hatten berichtet, die Buchstaben "S" seien mit SS-Runen geschrieben. Da das Gebäude seit dem Brand abgesperrt worden sei, müssten die Schmierereien vorher angebracht worden sein. Wann genau, sei jedoch unklar.

© AP/dpa/gdo/bavo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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