Moskau: Homosexuellen-Demo verboten:Schwule unerwünscht

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Vor dem Grand-Prix-Finale rüstet sich Moskau gegen eine vermeintliche Verschwörung Homosexueller: Lesben- und Schwulenverbände haben trotz Verbots eine Demonstration angekündigt.

Vor dem Grand-Prix-Finale am Samstag in Moskau wächst die Sorge vor Gewalt gegen Schwule und Lesben bei deren traditionellen Feiern zum Eurovision Song Contest (ESC). Die Polizei verwies auf das geltende Verbot für Homosexuellen-Demonstrationen.

Polizisten verhaften den Grünen Bundestagsabgeordneten Volker Beck während einer Demonstration für die Rechte von Homosexuellen 2006 in Russland: Bei dem Grand-Prix-Finale am Samstag kündigt Moskau ein striktes Vorgehen gegen Demos an. (Foto: Foto: AFP)

"Wir werden so vorgehen wie bei jeder anderen nicht erlaubten Veranstaltung", kündigte ein Polizeisprecher in Moskau nach Angaben der Agentur Interfax an. Dabei werde man sich "streng an die Gesetze" halten. Bei früheren Kundgebungen von Schwulen und Lesben in Moskau kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei sowie Rechtsextremen und religiösen Fanatikern.

Doch das Medieninteresse an dem Großereignis wollen Schwulen- und Lesbenorganisationen nutzen, um auf ihre schwierige Lage in Russland hinzuweisen. Sie haben für 13 Uhr Ortszeit (11 Uhr MESZ) am Samstag eine "Slavic Gay Parade" angekündigt. Trotz des Verbots wollen die Organisatoren an ihrer Kundgebung festhalten. Sie warnten ihre Anhänger jedoch, dass sie bei einer Teilnahme an der Parade geschlagen und festgenommen zu werden könnten.

Sie sprechen aus Erfahrung: Als der Grünen-Politiker Volker Beck vor drei Jahren an einer nicht genehmigten Schwulen-Demo in Moskau teilgenommen hatte, wurde er von Neonazis angegriffen und verletzt. Beck warf der Polizei anschließend vor, die Demonstranten absichtlich nicht vor den Schlägerbanden geschützt zu haben.

Doch die Moskauer Stadtverwaltung zeigt sich als Gastgeber des Grand Prix unnachgiebig. "Schwulen-Paraden hat es in der Vergangenheit in Moskau nicht gegeben und wird es auch in der Zukunft nicht geben", teilte ein Sprecher von Bürgermeister Juri Luschkow mit.

Ein Teil der zu Tausenden nach Moskau gereisten ESC-Fans will am Samstagnachmittag dennoch vor dem Finale an der Demonstration im Moskauer Zentrum teilnehmen. Russische Medien sprachen deshalb sogar von einer Verschwörung von Schwulen und Lesben.

Für Aufregung sorgen auch die möglichen Versammlungsorte dieser Fans: Demnach ziehe ein Treffen am Puschkin-Platz das Andenken des russischen Dichters Alexander Puschkin (1799-1837) in den Schmutz. Der Alternative Sammelpunkt im Alexandergarten an der Kremlmauer würde eine Weltkriegs-Gedenkstätte entehren, entrüstete sich das Boulevardblatt Komsomolskaja Prawda.

Obwohl Homosexualität seit 1993 in Russland nicht mehr strafbar ist und seit Ende der 90er Jahre auch nicht mehr als "Geisteskrankheit" eingestuft wird, ist die Schwulenfeindlichkeit bis heute weit verbreitet. Vor allem Moskaus Bürgermeister Juri Luschkow und Vertreter der russisch-orthodoxen Kirche wettern immer wieder über "abartige Handlungen" und "Satanswerk".

Der Eurovision Song Contest ist in den Straßen der russischen Hauptstadt seit Tagen allgegenwärtig. Fahnen mit dem Eurovisions-Logo, riesige Plakate und Transparente in den russischen Farben weiß, blau und rot weisen auf das Mega-Ereignis in der 80.000 Zuschauer fassenden Olympia-Halle hin. Russland hatte angekündigt, für mehr als 30 Millionen Euro den aufwendigsten Grand Prix der mehr als 50-jährigen Geschichte des Musikwettbewerbs zu inszenieren.

© dpa/AFP/hai/bica - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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