Mordprozess gegen Musikproduzenten:"Ich habe eine Uzi und werde dich töten"

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Phil Spector ist einer der erfolgreichsten Songschreiber, den es in der Popmusik je gab. Im Mordprozess beschreiben Freundinnen nun die andere Seite des bizarren Musikproduzenten: Unkontrollierte Gewaltausbrüche.

Jörg Häntzschel

Eine erschossene Blonde auf dem Teppich, ein Märchenschloss am Rande von Beverly Hills und ein wahnsinniges Genie, das seine Unschuld beteuert - das ist das Zeug, aus dem der meistbeachtete Mordprozess seit dem gegen O.J. Simpson gemacht ist, der am Montag in seine dritte Woche ging. Denn der bizarr aussehende Mann mit dem gepuderten Gesicht, der da in Los Angeles auf der Anklagebank sitzt, ist nicht irgendjemand.

Legendärer Produzent und Mordverdächtiger: Phil Spector. (Foto: Foto: Reuters)

Es ist Phil Spector, 67, einer der erfolgreichsten Produzenten und Songschreiber, den es in der Popmusik je gab. ,,Corinna, Corinna'', ,,Be My Baby'', ,,River Deep - Mountain High'': Ob er für die Ramones arbeitete oder für Leonard Cohen, für die Beatles oder für Ike & Tina Turner - was er anfasste, wurde ein Hit.

Doch Spector ist nicht nur berühmt für eingängige Melodien sondern auch für hysterische Ausfälle. Sehr oft fuchtelte er dabei mit Pistolen herum und sehr oft war er sehr betrunken. Nun beteuert Spector, Lara Clarkson, die B-Movie-Darstellerin, die am 3. Februar 2003 in seiner Villa im Vorort Alhambra starb, habe sich versehentlich selbst in den Mund geschossen, als sie ,,die Waffe küsste''.

Er war gemeinsam mit ihr in sein Haus gefahren, nachdem er die 40-Jährige in einer Bar in Hollywood kennengelernt hatte, wo sie als Kellnerin arbeitete. Die Staatsanwaltschaft ist jedoch überzeugt davon, dass Spector selbst geschossen hat - nicht mit der Absicht, sie zu töten, sondern bei einem seiner gewalttätigen Ausfälle. Dieses Verhaltensmuster versucht die Staatsanwaltschaft nun mit der Vernehmung von Bekannten Spectors zu illustrieren.

,,Du gehst nirgendwo hin!''

Am Montag führten die Ankläger Dianne Ogden vor, eine mit Spector nach wie vor gut befreundete Frau, die von zwei Fällen erzählte, in der er sie beschimpfte und mit Waffen bedrohte. Die erste Episode spielte sich 1989 ab. Am Ende eines langen Abends habe sich der betrunkene Spector plötzlich in ein Ungeheuer verwandelt: ,,Phillip schrie. Er sagte das F-Wort. Das war nicht der Mann, den ich liebte. Er war nicht er selbst. Er war dämonisch. Ich hatte unglaubliche Angst.''

Wenig später habe er ihr eine Pistole ins Gesicht gehalten und mit hoher Stimme gedroht, er würde ihr ,,das Hirn rausblasen''. Dann habe er versucht, sie zu vergewaltigen. Der zweite Fall soll sich Jahre später ereignet haben. Nach einem Abendessen bei ihm wollte sie nach Hause gehen als Spector sagte: ,,Du gehst nirgends hin. Ich habe eine Uzi und werde dich töten.''

Merkwürdigerweise schien während Ogdens Vernehmung auch bei Spectors Verteidiger, Bruce Cutler, die Sicherung durchzubrennen. Wiederholt schrie er sie an und warf ihr vor, Details hinzuzufügen, die sie zuvor nicht zu Protokoll gegeben hatte. Nachdem Richter Larry Paul Fidler ihn zur Ordnung gerufen hatte, entschuldigte Cutler sich: ,,Irgendwas tickt bei mir einfach aus. Es hat nichts mit Ihnen zu tun, Sie sind eine nette Dame.''

In der ersten Prozesswoche hatte die Anklage Dorothy Melvin, eine Freundin von Spector, vernommen, die aussagte, er habe sie 1993 geschlagen und mit einem Gewehr in der Hand aus seinem Haus gejagt. Am Montag nun spielte die Anklage Nachrichten vor, die Spector tags drauf auf Melvins Anrufbeantworter hinterlassen hatte. Erst entschuldigt sich Spector: ,,Ich weiß, es ist schwer mit einem Spinner klarzukommen.'' Doch nachdem sich Melvin nicht meldete, wurde Spector wieder ausfällig: ,,Ich erwarte einen Rückruf, aber pass auf, was du sagt. Keines deiner Worte ist dein Leben wert.''

Zahnlose Vorwürfe

Offensichtlich geht es der Anklage darum, zu erklären, warum Spector, ein sonst wohl freundlicher Mensch, imstande war, ohne jedes Motiv eine Frau zu erschießen. Spectors Verteidiger bezeichnete die Aussagen als ,,Lügengeschichten''. Seit dem Beginn des Prozesses beschuldigt er die Anklage der Voreingenommenheit.

In der vergangenen Woche schien der Prozess eine unerwartete Wendung zu nehmen, als ein Assistent des Staranwalts Robert Shapiro, den Spector ursprünglich mit seiner Verteidigung beauftragt, später aber gefeuert hatte, dessen heutigen Anwälten vorwarf, dem Gericht ein Beweisstück vorenthalten zu haben. Es handle sich um das Fragment eines Zahns Clarksons, das die Polizei bei der Durchsuchung von Spectors Haus übersehen habe.

Das Zahnstück hätte die These eines Kampfes zwischen Spector und seines angeblichen Opfers erhärtet. Doch Shapiros Vorwürfe fielen offenbar in sich zusammen, zumal Clarksons Gebiss keine Schäden zeigte. Dann wiederum war von einem winzigen Stück ihres Fingernagels die Rede, das sich auch beim Feuern der Waffe hätte lösen können. An diesem Mittwoch soll nun eine dritte Freundin Spectors vernommen werden. Auch sie soll er mit einer Waffe bedroht haben.

Im Falle seiner Verurteilung drohen Phil Spector mindestens 15 Jahre Haft.

© SZ vom 09.05.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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