Misshandlungen in der Bundeswehr:"Die größte Dummheit meines Lebens"

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Im Keller der Kaserne in Coesfeld sollen mehrere Rekruten misshandelt worden sein. Derzeit stehen in Münster 18 Ausbilder der Bundeswehr vor Gericht. Einer der Angeklagten hat nun zugegeben, einem Soldaten einen Stromschlag versetzt zu haben.

Im Prozess um die Misshandlung von Bundeswehr-Rekruten hat einer der angeklagten ehemaligen Ausbilder zugegeben, einem Soldaten einen Stromschlag versetzt zu haben.

"Es war die größte Dummheit meines Lebens", sagte der vom Dienst suspendierte ehemalige Oberfeldwebel am Mittwoch vor dem Landgericht Münster. Er habe einem Rekruten zwei Kabel eines Stromerzeugers für ein Feldtelefon an die Wade gehalten, ein anderer Soldat habe dann den Strom langsam aufgedreht.

Geschehen sei dies während eines Verhörs nach einer simulierten Geiselnahme im Keller der Kaserne in Coesfeld. Er habe sich seine Karriere bei der Bundeswehr zerstört, sagte der Angeklagte. Vor der Tat hatte er beantragt, Berufssoldat zu werden.

Nach Bekanntwerden der Vorfälle wurde dies abgelehnt. Er selbst habe seine Finger an die Kabel gehalten, um den Schlag spüren zu können. Der Rekrut habe "Ui" gemacht und sei leicht zusammengezuckt. Nach einem Stromschlag sei das Verhör beendet worden. Während der Befragung seien die Hosen des Rekruten herunter gelassen gewesen, damit dieser nicht nach den Ausbildern treten konnte.

Mehrere Rekruten seien mit einer Kübelspritze nass gespritzt worden, der Schlauch sei aber niemandem in den Mund gehalten worden. Die Zugführer seien bei den Verhören nicht dabei gewesen. Wie der Stromerzeuger in den Keller kam, konnte sich der Angeklagte nicht erklären.

Der Richter spielte die Szene am Mittwoch im Gerichtssaal mit dem Originalgerät nach und verglich den Stromschlag anschließend mit einem "Griff an einen Weidezaun".

Bei dem Prozess in Münster müssen sich 18 frühere Ausbilder des Instandsetzungsbataillons 7 aus der Coesfelder Freiherr-vom-Stein-Kaserne wegen Misshandlung Untergebener verantworten.

In der vergangenen Woche hatte ein Angeklagter zugegeben, während einer Befragung in einer Sandgrube sei Rekruten der Mund geöffnet und Wasser mit einer Kübelspritze hineingespritzt worden. Manchen sei die Nase zugehalten worden. Wasser sei auch in Hosen und Nacken gepumpt worden.

Beide Zugführer seien in der Nähe gewesen. Einer habe ihm"wohlwollend zugeredet". Die Zugführer hatten zum Prozessauftakt ausgesagt, sie hätten nie Misshandlungen gesehen. Der Kompaniechef hatte gesagt, er habe die Übung zwar geplant, aber nie etwas gesehen.

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