Merkel beim Papst:Ohne Schleier, mit einem Versprechen

Lesezeit: 2 min

Am dritten Tag seines Deutschlandbesuchs hat Benedikt XVI. einen Audienz-Marathon bewältigt. Unter anderem empfing er neben Bundeskanzler Schröder und anderen Politikern auch Fußball-Legende Pélé.

In der aus Sicherheitsgründen weiträumig abgesperrten erzbischöflichen Residenz in Köln empfing das Kirchenoberhaupt zunächst Bundeskanzler Schröder und dessen Frau Doris Schröder-Köpf, Bundestagspräsident Wolfgang Thierse und Unions-Kanzlerkandidatin Merkel, die von ihrem Ehemann Joachim Sauer begleitet wurde.

Aus Teilnehmerkreisen verlautete, der Papst sei "sehr gut aufgelegt" gewesen. Er habe gescherzt und freue sich nach wie vor sehr, in Deutschland zu sein. Die Audienz mit dem Ehepaar Schröder sei in angenehmer und harmonischer Atmosphäre verlaufen, sagte Weltjugendtags-Sprecher Matthias Kopp. Zu den Inhalten wollte er unter Hinweis auf den privaten Charakter der Begegnungen nichts sagen. Doris Schröder-Köpf trug im Gegensatz zu Merkel den bei Papst-Besuchen traditionell vorgeschriebenen schwarzen Schleier.

Merkel äußerte sich nach der Audienz erfreut. Es sei "eine große Freude" gewesen, "den Heiligen Vater gesehen zu haben. Wir haben uns gut unterhalten", sagte die CDU-Chefin. "Es war toll, einen deutschen Papst auf deutschem Boden zu treffen." Merkel versprach dem Papst, im Falle einer Regierungsübernahme christliche Politik zu betreiben.

Freier Nachmittag für das Kirchenoberhaupt

"Ich habe in meinem Gespräch mit dem Heiligen Vater deutlich gemacht, dass unsere Bindung an das christliche Menschenbild Fundament der Programme von CDU und CSU ist", schrieb Merkel in einem Beitrag für Bild am Sonntag. Diese Bindung habe "unmittelbare Auswirkung auf unsere politischen Positionen beispielsweise bei dem Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft sowie der Förderung von Ehe und Familie".

Der Papst empfing auch den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers und dessen Frau Angelika, die Oberbürgermeister von Köln, Düsseldorf und Bonn, Fritz Schramma, Joachim Erwin und Bärbel Dieckmann. Ebenfalls beim Papst waren die Intendanten von ZDF und WDR, Markus Schächter und Fritz Pleitgen, Laienvertreter, Jugendliche und die brasilianischen Fußball-Legende Pélé.

Mit Rüttgers sprach der Papst nach dessen Angaben über die Integration muslimischer Einwanderer. Man sei sich einig gewesen, dass den Muslimen Religionsunterricht ermöglicht werden solle, "damit sie auf Dauer hier ein Heimat finden", sagte der CDU-Politiker nach seinem Treffen.

Lob bekam der Papst unterdessen von Gregor Gysi. Der Spitzenkandidat der Linkspartei sagte der Bild am Sonntag, Benedikt strahle wie sein Vorgänger Ehrlichkeit aus. Die evangelische Landesbischöfin von Hannover, Margot Käßmann, sagte im NDR, sie erhoffe sich vom Weltjugendtag einen Impuls für mehr Religiosität in Deutschland.

In Köln strömten unterdessen zehntausende Pilger auf das Marienfeld. Die Verkehrslage war bereits ab Mittag nach Angaben der rganisatoren teilweise angespannt, die Autobahn 1 wurde zwischen den Anschlussstellen Köln-West und Erfttal gesperrt. Auf dem ehemaligen Braunkohle-Tagebau rund 20 Kilometer östlich von Köln fand ab Mittag ein musikalisches Vorprogramm statt - unter anderem mit der Kelly Family. Zum Abschlussgottesdienst werden am Sonntag rund 800.000 Menschen erwartet.

Am Samstagnachmittag hatte der Papst frei. Nach dem anstrengenden Programm der vergangenen Tage habe der Heilige Vater etwas Ruhe verdient, erklärte ein Weltjugendtags-Sprecher.

Am frühen Abend stand ein Treffen mit Muslimen auf dem Programm. Anschließend sollte Benedikt zum Abendgebet auf das Marienfeld bei Köln fahren. Dort versammelten sich bereits am Nachmittag nach Angaben der Organisatoren des Weltjugendtags 200.000 Gläubige.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: