Mehr vom FC Schmiere:Von Drahttoren und Lattenknallern

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Die Geschichte des FC Schmiere ist so reich an wunderbaren Anekdoten, dass wir an dieser Stelle ein bisschen nachspielen lassen - ganz im Sinne von Sammy Drechsel.

Zu Sammy Drechsels 60.Geburtstag hatten sich seine Lach- und Schieß-Mitstreiter natürlich so einiges überlegt. Rainer Basedow hatte kurz zuvor einen etwas obskuren österreichischen Brauch kennengelernt, wobei man dem Jubilar ein Geschenk macht, mit dem er noch ein Problem bekommen kann. Basedow selbst hatte ein Schaf zur Geburt seiner Tochter bekommen. Sein Problem: Er musste das Schaf später weggeben.

Für ihren geliebten Mittelstürmer und verhinderten Nationalspieler Drechsel hatte Basedow auf ihrem Sportplatz in Ramersdorf eins dieser uralten, tonnenschweren Drahttore entdeckt - es sollte ausrangiert werden. Basedow rief seinen Spezl Fredi Heiß vom TSV 1860 München an. Der besaß eine Baufirma samt Tieflader. Und so landete das sperrige Tor am Jubeltage vor dem Ort des feierlichen Gelages: dem Spatenhaus an der Oper. Mit Ketten wurde das Präsent am Laternenpfahl befestigt.

Der Jubilar war natürlich rechtschaffen baff, als er vor dem Monstrum stand. Hinzu kam natürlich noch der Spott der Freunde: "Sammy, stell's dir doch in den Garten und üb' ein bisschen!"

Nach Drechsels Tod rief sein alter Klub, der BSV 92, ein Sammy-Drechsel-Gedächtnis-Turnier ins Leben - in der Halle. Drechsel mochte die Halle nie. Er spielte lieber draußen, auch bei Eis und Schnee.

Das Turnier in Berlin hat Paul Breitner - der ebenfalls nicht gern in der Halle spielt - nicht in guter Erinnerung. Es war zwar vorher ausgemacht, dass der Ex-Profi nicht aufs Tor schießt - was die eifrigen Gegenspieler allerdings nicht daran hinderte, den einstigen Weltstar von Bayern München und Real Madrid dermaßen kernig abzugrätschen, dass er derb gegen die Heizung schlug.

Absolut lesenswert: die Korrespondenz Sammy Drechsels - vor allem, wenn es um Fußball ging. Als er im April 1967 ein Spiel gegen das Rokoko-Theater Prag ankündigte, endete sein Schreiben mit den einladenden Worten: "...würden wir uns freuen, wenn Sie sich mal wieder über unsere Künste totlachen."

Günter Netzer bestritt genau ein Spiel für den FC Schmiere: im Züricher Letzigrund. In der letzten Spielminute schoss er einen Freistoß an die Latte. Sammy Drechsel lief zum Schiedsrichter, ließ den Freistoß wiederholen und sagte zu dem Mann, der auf der Torwand im "Aktuellen Sportstudio" fünf Treffer erzielt hatte: "Geh' ma rüber, Günter" - und zimmerte den Ball in den Winkel.

Ganz ähnlich erging es einst Uli Hoeneß. Als dem FC Schmiere bei einem Spiel in Salzburg einfach kein Tor gelingen wollte, blaffte Sammy Drechsel Richtung Reservebank: "Hol doch mal den Hoeneß rein!"

Wie befohlen lief der Weltmeister von '74 auf, machte in fünf Minuten drei Treffer - woraufhin Drechsel Richtung Reservebank kläffte: "Hol doch mal den Hoeneß raus! Ihr wisst schon, wer hier die Tore schießt!"

Die Gage für die Schmiere-Kicker wechselte, je nach Anlass und Nationalspielerdichte. Mal gab es fünfstellige DM-Beträge, mal eher ein Butterbrot im übertragenen Sinne: Im Juli '79 schrieb der Chef der Alten Herren Neuching: "Sie erhalten wie verabredet 1 Essen + 1 Liter Bier, wenn's nicht reicht auch etwas mehr."

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