Madame Tussauds in Berlin:Hitler fiel einer Wette zum Opfer

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Die Enthauptung der Hitler-Wachspuppe in Berlin war offenbar Folge einer Wette. Das sei jedoch nicht der einzige Grund für seinen Übergriff auf die 200.000 Euro teure Nachbildung des Diktators gewesen, sagte der 41-jährige Ex-Polizist einer Zeitung.

Eine Wette war offenbar der Grund für die Attacke auf die Hitler-Wachspuppe im neu eröffneten Madame-Tussauds-Kabinett in Berlin. "Es war eine Wette, die erst gestern entstanden ist" sagte der 41-jährige Täter der Bild am Sonntag.

Fiel einem Attentat zum Opfer: die Hitler-Puppe im Berliner Wachsfigurenkabinett Madame Tussauds (Foto: Foto: ddp)

Ihn habe aber auch gestört, dass die Diktatoren-Puppe so dicht am jüdischen Museum aufgestellt worden sei, sagte der Berliner der sich als "politisch eher links" bezeichnete. So habe er es besonders genossen, dass der frühere Bundeskanzler Willy Brandt in Gestalt seines wächserenen Alter Ego bei dem Übergriff zugeschaut habe.

Der Mann hatte sich kurz nach der Eröffnung des Berliner Wachsfigurenkabinetts Madame Tussauds auf die umstrittene Figur von Adolf Hitler gestürzt und ihr den Kopf abgerissen. Er soll er dabei "Nie wieder Krieg" gerufen haben.

"Ruhig, freundlich, hilfsbereit"

Einen der zwei Sicherheitsbeamten, die extra zum Schutz der Hitler-Wachsfigur abgestellt worden waren, stieß der Mann gewaltsam zur Seite. Sie seien selbst zu zweit nicht in der Lage gewesen, den Mann zurückzuhalten, sagte einer der Wachmänner. Der Täter bedauerte den tätlichen Angriff auf den Sicherheitsbeamten im Nachhinein. Das sei nicht seine Absicht gewesen und tue ihm leid, sagte er.

Die Polizei konnte den Mann noch im Museum festnehmen, setzte ihn aber am Nachmittag wieder auf freien Fuß. Das Magazin Spiegel TV zitierte den Kreuzberger mit den Worten, er rechne nun damit, dass er "eine Menge Geld" zahlen müsse. Die Figur hat Medienberichten zufolge rund 200.000 Euro gekostet.

Nach Berichten des Internetportals Morgenpost Online und der Bild am Sonntag, die sich auf das persönliche Umfeld des Täters berufen, handelt es sich um einen ehemaligen Polizisten. Er habe vor Jahren seinen Dienst bei der Behörde quittiert, weil er nach einer Demo am 1. Mai festgestellt habe, dass er auf die "andere Seite gehöre". Die Polizei konnte den Bericht am Abend nicht bestätigen. Laut Bild am Sonntag ist der Mann seit einigen Monaten Seniorenbetreuer.

Dem Bericht zufolge sagte die Lebensgefährtin des Mannes, er sei schon seit Tagen stinksauer wegen der Hitler-Figur gewesen. Ihr Freund sei aber ansonsten ein ruhiger, freundlicher und hilfbereiter Mensch.

Hentry M. Broder: Enthauptung war "tolle Sache"

Gegen den Täter wird noch wegen Sachbeschädigung und Körperverletzung ermittelt. Das Museum wurde nach dem Anschlag für eine Stunde geschlossen. Die Figur wurde vom Tatort entfernt. Die Sprecherin von Madame Tussauds ließ am Samstag offen, ob die Figur wieder in Berlin ausgestellt wird.

Der umstrittene Publizist Henryk M. Broder, der ebenfalls bei der Eröffnung des Wachsfigurenkabinetts anwesend war, findet, dass die Enthauptung der Figur "eine tolle Sache".

Das neue Berliner Wachsfigurenkabinett ist nach London und Amsterdam die dritte Tussauds-Niederlassung in Europa und die achte weltweit. In den vergangenen Wochen waren die Organisatoren immer wieder wegen der Hitler-Figur kritisiert worden. Der Diktator ist als alter Mann hinter einem Schreibtisch zu sehen.

Eigentlich darf die Figur weder berührt noch fotografiert werden - weiß man doch aus dem Londoner Wachsfigurenkabinett von Madame Tussauds um die Aggressionen, die die lebensecht wirkende Hitler-Nachbildung bei manchen Besuchern auslöst. In dem Museum steht seit 1933 eine Figur von Adolf Hitler, die schon mehrmals beschädigt, bespuckt und mit Eiern beworfen wurde. Die Puppe steht nach Angaben der BBC seit 2002 dennoch nicht mehr hinter schützendem Glas.

Ein friedlicheres Dasein verbringt die Hitler-Wachsfigur dagegen im Hamburger Panoptikum. Dort stört sich seit 60 Jahren kaum jemand an dem wächsernen Diktator. "Die meisten Besucher haben keine Probleme damit", sagte der Chef des ältesten Wachsfigurenkabinetts Deutschlands, Hayo Faerber, der dpa. Die 1941 modellierte Figur Adolf Hitlers steht bereits seit 1948 in dem Wachsfigurenkabinett an der Reeperbahn. Das Propaganda-Ministerium verbot allerdings eine Ausstellung der Puppe. Deshalb konnte sie erst nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges präsentiert werden.

© sueddeutsche.de/dpa/aho - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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