Lieblinge November:Hundehaare, Koteletten und andere Bedrohungen

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Im November sprach man über hypoallergene Hunde, prominente Gesichtsbehaarung und mutige Börsenfantasien. Wir kürten sie prompt unseren Liebling.

Sasha und Malia, die öffentlichsten Töchter der USA

Alte Hasen auf der Bühne: die Töchter des zukünftigen Präsidenten. (Foto: Foto: Reuters)

"Sasha und Malia, ich liebe euch beide mehr, als ihr euch vorstellen könnt", hatte Barack Obama in sein Mikrofon gesprochen, als er die Wahl zum 44. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika annahm. Und dann hat er noch etwas gesagt: "Ihr habt euch das Hündchen verdient!"

Nun sind die beiden Töchter des Präsidenten, sieben und zehn Jahre alt, den Hype um ihren charismatischen Vater bereits gewohnt und nicht mehr so leicht durch Botschaften in der Öffentlichkeit zu beeindrucken. Dennoch dürften sie bei diesem Satz ein kleines bisschen aus dem Häuschen geraten sein. Wer weiß, vielleicht haben sie gewartet, bis sie hinter der Bühne ein verstecktes Plätzchen gefunden haben und sind dann schreiend vor Freude auf der Stelle gehüpft.

Solche Ausbrüche werden sich die beiden Augensterne künftig verkneifen müssen - schließlich ist das Leben im Weißen Haus kein Kinderspiel. Auf Schritt und Tritt bewacht, von Journalisten belauert, ist an ein normales Leben erst einmal nicht zu denken.

Bisher wirken die beiden Damen recht gelassen. Die zehnjährige Malia weiß schon ziemlich genau, worauf es ankommt: "Die Menschen kommen nicht wegen mir, aber sie denken halt, dass ich süß bin. Also winke ich einfach und lächle, und dann verzieh' ich mich". Und als Obama einmal eine Rede hielt, fiel ihrer kleinen Schwester Sasha auch gleich der passende Kommentar dazu ein: "Bla bla bla".

Die erste Krise im Weißen Haus wird wohl privater Natur sein: Obamas ältere Tochter ist allergisch gegen Hundehaare und reagiert mit Juckreiz und Atembeschwerden. Und so bewegt die USA derzeit vor allem eine Frage: Welcher Hund soll künftig an die Stelle seiner Vorgänger - die Scotch-Terrier Barney und Miss Beazley - treten und im Präsidenten-Garten sein Bein heben?

Eines ist sicher: Hypoallergen muss er sein. Doch welches Mädchen kann sich schon für einen Chinesischen Nackthund erwärmen? Unsere beiden Lieblinge Sasha und Malia natürlich! Die beiden first daughters haben schon ganz andere Herausforderungen bewältigt - und werden es auch weiterhin tun. Schon allein dem Papa zuliebe ...

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Maradona aus der Asche

Totgeglaubte leben länger: Maradona küsst das Leben, seine Fans und Spieler. (Foto: Foto: AP)

Diego Maradona ist ein Phänomen. Selbst Fußballdesinteressierte lässt der kleine Mann aus Argentinien aufhorchen. War er nicht einst der tollste Torjäger seines Landes, mutierte zum Partyhelden und endete schließlich als tief gefallenes, aufgeschwemmtes Drogenwrack?

Nein, er endete eben nicht. Wie Phönix entsteigt Maradona der Asche und meldet sich - für Nicht-Insider denkbar überraschend - zurück. Und zwar als niemand Geringerer als der argentinische Nationaltrainer.

1979 schoss er sein erstes Länderspieltor. Fast 20 Jahre später will der 49-Jährige die Albiceleste endlich wieder nach vorne bringen. Acht sieglose Spiele hatten die Nationalelf zutiefst verunsichert.

Und tatsächlich schaffte er es gleich beim ersten Anlauf, mit schier selbstlosem Einsatz, seinen Jungs die Angst zu nehmen: "Ich habe die ganze Woche hundert Prozent gegeben, die Moral der Spieler wiederherzustellen", sagte er nach dem 1:0 gegen Schottland in Glasgow.

Diego wollten natürlich alle sehen. In 150 Ländern schaute man ihm beim ersten Länderspiel unter seiner Verantwortung zu. Diego der Quotenretter. Die Fußballgemeinde weltweit wollte Zeuge sein, wie sich der 1,68 große Mann, der zu seinen schwersten Zeiten 121 Kilogramm auf die Waage brachte, auf dem Trainerstuhl machte. Das mag Freunde des zünftigen Spektakels und Journalisten auf Schlagzeilenjagd enttäuscht haben: Maradona verhielt sich einfach nur ruhig. Keine Show, kein Patzer.

Aber vielleicht ist das einfach eine gute Methode: Diego setzt nicht mehr zu schnellen Höhenflügen an, um nicht gleich wieder tief zu stürzen. So viel Weisheit macht ihn zu einem Liebling des Monats.

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Cem Özdemir: Der Behaarliche

Bärte in der Politik sind eine heikle Sache, denn anders als bei Sportlern, Künstlern und Musikern, die gefahrlos mit ihrer individuellen Haarpracht wuchern, muss der Politiker die Verantwortung für seinen Gesichtsbewuchs tragen. Der SPD-Kanzlerkandidat Rudolf Scharping machte diese Erfahrung, als er 1994 im Wahlkampf gegen Helmut Kohl ("Politik ohne Bart") schmählich unterlag.

Schon zuvor hatten sich die Grünen von einer ganzen Generation friedensbewegter Langhaar-Fundis getrennt, die in den neunziger Jahren, als es um die Macht ging, nicht mehr vermittelbar waren. Ein klarer Schnitt war damals notwendig, um die Grünen regierungsfähig zu machen, und auf einmal sah man auf Grünen-Parteitagen lauter Gillette-gestählte Unternehmensberater-Typen.

Allein Umweltminister Jürgen Trittin schuf verhältnismäßig spät klare Verhältnisse: Sein Stalin-artiges Gewächs in der Gesichtsmitte verschwand nach einer ersten Ausdünnung endgültig im Krisen-Jahr 2003. Seitdem wirkt Trittin zwar etwas blass um die Nase, aber umso windschnittiger. Andere Parteien folgten dem Zeitgeist: Hat nicht gerade erst der CSU-Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag, ein gewisser Georg Schmid, seinen altfränkischen Oberlippenbart der Parteiräson geopfert? Als Schwabe und Schnurrbartträger hätte Schmid unter dem bubihaften Horst Seehofer kaum überleben können.

Generalsekretäre wie Hubertus Heil (SPD) oder Ronald Pofalla (CDU) sind überhaupt nur glattrasiert vorstellbar. Angesichts dieser Verhältnisse ist es schon bemerkenswert, dass endlich wieder ein markanter Typ in die oberste Riege der Politik zurückkehrt: Cem Özdemir. Der neue Grünen-Chef hat sich vor allem mit buschigen Koteletten profiliert. Als schwäbischer Türke setzt er hier neue Akzente. Er lässt sprießen, was bei ihm nun mal sprießt, und das ist im Vergleich zu den meisten Politikern seiner Generation eine ganze Menge.

Wenn man bartmäßig so aussieht wie eine Mischung aus Markus Söder, Lemmy Kilmister von Motörhead und dem britischen Regisseur David Pountney, dann deckt man zudem ein breites Spektrum ab. Özdemir, der sich von enthusiastischen Parteitagsdelegierten bereits als eine Art Klein-Obama feiern ließ ("Yes, We Cem!"), denkt gar nicht daran, den Bartschneider zum Einsatz zu bringen: Er steht mannhaft zu seinen "Klettverschlüssen", wie er selbst sagt.

Etwas Halodrihaftes ist dem Kotelettenträger allerdings zu eigen. Der CSU-Stenz Markus Söder hat deshalb persönliche Konsequenzen gezogen und kürzlich einen Friseur eingeschaltet; er will ja noch was werden, und zwar nicht beim Nürnberger Trachtenverein, wo Gesichtsbehaarung kein Hindernis ist. Cem Elvis Ödzemir handelt also mutig, wenn er sich den grünen Frauen und den Wählern im Land so haarprächtig präsentiert. Aber vielleicht hat er ja als Einziger das Gebot der Stunde verstanden: Nicht kleckern, sondern klotzen, nicht immer nur kürzen, sondern auch mal wachsen lassen.

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Endlich wieder im Fernsehen

Es war die kitschigste Hochzeit, die Fernseh-Deutschland zugemutet wurde: Vor laufenden Kameras gaben sich die D-Promis Sarah Connor und Marc Terenzi, die total in love miteinander waren, das Ja-Wort. Auf rotem Teppich, am weißen Sandstrand. Und dann schnulzte er auch noch irgendwas am Flügel. Nun ist die Ehe vorbei. Und weil die Sängerin die Hitparaden nicht mehr so richtig rockt und der Sänger das ohnehin nie wirklich tat, darf der Zuschauer auch am Ende der großen Liebe teilhaben.

Das sieht dann so aus, dass fast jeden Tag etwas über das einstige Traumpaar zu lesen ist. Wer öffentlich heiratet, zieht sich auch für die Trennung nicht zurück. Also durfte der Leser tagelang rätseln, was nun der Grund für das Scheitern der deutsch-amerikanischen Musterehe war. War Marc zu oft nach seiner Show im Europa-Park noch einen trinken? Etwa mit der schönen Wiehießsiedochgleich? Während Sarah zu Hause mit den Kindern alleine vor der Glotze saß?

Wohl kaum. Denn wie die große Blonde sich die Zeit vertrieben hat, auch drüber wurde im November eifrig spekuliert. Connors Manager Florian Fischer war hauptsächlich mit Dementi beschäftigt. Erst wurde ihm höchstselbst eine Affäre mit der Sängerin nachgesagt.

Dann tauchte auf einmal der Bremer Mittelfeldspieler Diego auf. Ganz unauffällig, versteht sich. Ganz unauffällig speiste man gemeinsam, ganz unauaffällig zeigte man sich in der Öffentlichkeit, und ganz unauffällig fuhr die Popsängerin mit dem unübersehbaren Auto des Fußballspielers beim Dorfbäcker vor, um Frühstücksbrötchen zu kaufen. Aber das wurde natürlich alles dementiert.

Irgendwann sagte Marc dann auch noch, er liebe Sarah noch immer, und Sarah sagte, Familie sei für sie das Allerwichtigste. Unschlagbar. Der hohe Unterhaltungswert dieses Bäumchen-Wechseldich-Spiels gereicht zum Platz unter den Lieblingen des Monats.

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Der Sonne entgegen: Solarworld-Chef Frank Asbeck

Was für eine Chuzpe: Frank Asbeck verkündete am 19. November, er wolle Opel übernehmen - und meinte das zumindest ein wenig ernst. Asbeck wollte die vier Fabriken des Autoherstellers und das Entwicklungszentrum in Rüsselsheim übernehmen.

Oder war alles doch nur ein lupenreiner PR-Gag? Er hätte das Unternehmen gerne praktisch von GM geschenkt gehabt, sagte er sich damals. Das Ziel: echte Ökoautos bauen und Opel konsequent grün ausrichten.

Die Absage kam prompt von General Motors, dem amerikanischen Opel-Mutterkonzern in Schwierigkeiten. Aber die ganze Causa sorgte für Aufruhr, und schickte Solarworld an der Börse erst einmal auf Talfahrt.

Man muss sich die Dimensionen vorstellen: Solarworld ist zwar eines der größten Unternehmen der Solarbranche, aber der Solarzellenhersteller hat insgesamt nur 2500 Beschäftigte. Opel hat zehnmal so viele. Sinnbildlich für die verrückten Börsenzeiten ist dieses Angebot , das zumindest einen hohen Unterhaltungswert hatte in diesen Krisenzeiten der Hochfinanz.

Die kühne Vision hat sich nicht ausgezahlt: Frank Asbeck, der den Börsen-David gab, hatte gleichzeitig auch etwas von einem Finanzikarus. Der Solarzellenmann flog zu hoch zur Sonne. Der Glanz als Allrounder der Solarbranche ist dabei abgeschmolzen. Dennoch: Das Angebot war ein Signal des Muts in schweren Zeiten. Nur steigen Börsianer darauf in diesen Tagen nicht mehr ein.

Schade eigentlich, denn visionärer als die amerikanischen Autobauer war Asbeck damit allemal: In Amerika ist ein Notpaket für sie verabschiedet, das nicht lange reichen wird. Vielleicht werden sich die Manager noch fragen, ob sie sich dieses Angebot nicht doch ein weniger länger hätten überlegen sollen. Erst einmal aber geht ihnen jedenfalls noch kein Licht für die Zukunftsplanung auf.

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