Liebesgeschichte (17):Wer weiß schon, was die Zukunft bringt?

Lesezeit: 2 min

Maria und Markus Boerner sind ein junges Ehepaar, gerade mal Anfang 20. Und doch war ihre Liebe vom ersten Tag an ein Lauf gegen die Zeit. Weil sie nicht wissen, wie lange ihnen das Glück bleibt.

Protokoll: Sophie Burfeind

Es ging immer um Zeit bei ihnen, von Anfang an, um Zeit, die sie zusammen haben, weil sie nicht wissen, wie viel Zeit ihnen bleibt. Deswegen hat Maria Boerner, damals vor zwei Jahren, auch nur elf Tage gewartet, bis sie ihm die Karte ins Postfach legte: Willst du mit mir gehen, ja, nein, vielleicht? Nur zwei Stunden später kam die Karte zurück. Ja. Seitdem sind Maria und Markus ein Paar.

Maria Boerner ist 20 Jahre alt, sie hat Mukoviszidose, eine Erkrankung der Lunge, nicht heilbar. Markus Boerner ist 24 Jahre alt, er hat chronische Leukämie, er nimmt Tabletten. Maria sagt: Wer weiß schon, was in 20 Jahren ist? Was wir wissen, ist nur, dass wir jetzt zusammen sein wollen, weil wir uns lieben. An Ostern haben sie ihre Hochzeit gefeiert.

Maria war 18, Markus 22, als sie sich im Frühling vor zwei Jahren zum ersten Mal trafen, in Tannheim, einer Reha-Klinik im Schwarzwald. Vielleicht war es Zufall, vielleicht auch nicht, dass sie sich beim Abendessen am ersten Tag für die zwei Stühle nebeneinander entschieden. Der feste Platz für die nächsten vier Wochen.

Markus sagt: "Ich fand sie gleich sympathisch." Maria sagt, dass Markus recht still war. Deswegen redete sie umso mehr, bis auch er anfing zu reden. Mit ihr. Sie verbrachten jede freie Minute miteinander, gingen spazieren, gingen gemeinsam zum Essen, manchmal schwiegen sie auch einfach nur . "Ich war so verliebt", sagt Maria, und am elften Tag dachte sie sich: Was macht es für einen Sinn, erst am letzten Tag ein Paar zu werden? Also schrieb sie die Karte. "Ich war einfach nur glücklich", sagt Markus.

Maria und Markus lernen sich in der Reha kennen. Nach elf Tagen schreibt sie ihm eine Karte: Willst du mit mir gehen? (Foto: privat)

Es blieben ihnen 17 Tage, dann war die Reha vorbei, Markus musste zurück nach Regensburg, Maria zurück nach Freiburg. Fünf Tage später war ihr Abitur-Ball, und weil sie ein Paar waren, kam Markus einfach mit. Ihre Familie lernte ihn kennen, den kranken Freund der kranken Tochter. "Sie waren am Anfang schon überrascht und haben gefragt, ob ich mir das Leben nicht noch schwerer mache", erzählt Maria. Aber sie kann sich nichts Schöneres vorstellen, immer noch nicht. Und Markus auch nicht.

Von Freiburg nach Regensburg sind es 470 Kilometer, es ist Juni, sie besuchen sich jedes Wochenende. Er macht wegen seiner Krankheit eine Pause vom Studium, sie hat noch vier Monate, bis ihr Studium in Heidelberg beginnt. Eine Fernbeziehung wollen sie beide nicht, weil sie nicht gern telefonieren. Deswegen ziehen sie zusammen nach Heidelberg, sie haben zwei kleine Zimmer im Studentenwohnheim, doch sie leben in einem. Nach einem Jahr bekommen sie die Pärchenwohnung, noch ein Jahr später ziehen sie in eine eigene Wohnung.

Und wie haben Sie sich verliebt?

1 / 1
(Foto: idpa)

Jedes Paar hat seine Geschichte, ob verheiratet oder nicht, ob hetero- oder homosexuell, jung oder alt. In diesem neuen Format, das von nun zum festen Repertoire des SZ-Panoramas gehört, erzählt das Ressort die Liebesgeschichten der Leser. Ist es nicht wunderbar, sich an das erste Treffen zu erinnern, den ersten Kuss? Schreiben Sie uns eine E-Mail an liebesgeschichte@sz.de, oder per Post an Süddeutsche Zeitung, Panorama, Hultschiner Straße 8, 81677 München. Wir sind gespannt.

Kurz vor Weihnachten, sieben Monate nachdem sie sich zum ersten Mal gesehen haben, beschließen sie zu heiraten. "Warum hätten wir warten sollen?", fragt Markus, Maria sagt: "Weil wir so oft bei Ärzten sind, wollte ich die nächste Angehörige von Markus sein. Damit ich die Erste bin, die etwas erfährt." Im Juli 2015 heiraten sie standesamtlich.

Markus und Maria, sie ergänzen sich, er eher still, sie eher nicht, er geduldig, sie ungeduldig. Dass sie beide krank sind, darüber reden sie nicht oft, das wissen sie. Auch, dass sie aufeinander Rücksicht nehmen müssen, dass sie langsamer machen müssen als andere. Es verbindet sie. "Ich bin für sie da, wenn es ihr nicht so gut geht", sagt Markus. Und sie ist es für ihn.

Vor einigen Monaten haben die beiden testen lassen, ob ein gemeinsames Kind ihre Krankheiten erben würde. Die Ärzte sagen: eher unwahrscheinlich. Ein bisschen wollen sie damit noch warten, aber nicht mehr lange. "Meine Krankheit ist fortschreitend", sagt Maria, es ist ja doch ein Lauf gegen die Zeit.

© SZ vom 21.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: