Lebenslange Haft für Kindsmord:Kein Erbarmen für Siri

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Lebenslange Haft für Mord am eigenen Baby: Die Eltern hatten die Misshandlungen an ihrem Kind sogar gefilmt und fotografiert.

Siris Eltern kennen kein Erbarmen mit ihrem Baby. Etwa ein halbes Jahr lang misshandeln sie die Kleine in ihrer Drei- Zimmer-Wohnung im mittelhessischen Wetzlar mit Schlägen und anderen Quälereien, und sie freuen sich sogar an den Schmerzen ihrer Tochter.

Das Martyrium endet am 2. Mai 2008 mit dem Tod des Mädchens: Die Eltern zertrümmern den Schädel ihres acht Monate alten Kindes. Gut ein Jahr später hat das Landgericht Limburg am Donnerstag das Urteil für die 36-jährige Mutter und den 24-jährigen Vater gesprochen: Lebenslange Haft wegen Mordes zur Verdeckung einer Straftat und wegen Kindesmisshandlung.

Das Gericht stellt auch die besondere Schwere der Schuld fest. Damit können die Eltern nicht schon nach 15 Jahren aus dem Gefängnis entlassen werden. Als mögliche Erklärung für die Tat sieht die Vorsitzende Richterin Karin Walter die unglückliche Kindheit der beiden.

Bei der wegen einer Anschlagsdrohung um drei Stunden verschobenen Urteilsverkündung ist aus dem Zuschauerraum immer wieder Schluchzen zu hören. Mit fassungslosen Gesichtern hören sich die Menschen die Qualen der kleinen Siri an. Die beiden Angeklagten blicken nach unten, immer wieder schütteln sie die Köpfe. "Sie haben Siri nicht nur körperlich misshandelt, sondern auch seelisch gequält", sagt die Richterin.

Der sechs Monate lange Prozess war oft an die Grenzen des Erträglichen gegangen. Der Staatsanwalt bezeichnet in seinem Plädoyer das grausame Tun des Paares als "Folterungen wie in einem Gefangenenlager". Die Eltern haben die Qualen ihres Kindes fotografiert und auf Video aufgenommen. Auf einem Video ist zu sehen, wie der Vater das schlafende Baby aus dem Bett reißt und es in der Dunkelheit etwa 20 Mal hoch in die Luft wirft.

Siri - der Name bedeutet "Glück" oder "gutes Leben" - schreit jämmerlich, ihr Gesicht ist angstverzerrt. Ihre Mutter lacht, und ihr Vater hält die Quälerei für "lustig". "Seine Fähigkeit, Mitleid zu empfinden, ist stark eingeschränkt", sagt der Psychiater beim Prozess. Der Mutter bescheinigt er eine Persönlichkeitsstörung.

Die 36-Jährige stammt aus Kanada. Sie hat aus früheren Beziehungen zwei Kinder. Beide hat sie so vernachlässigt, dass ihr das Sorgerecht entzogen wurde. Den Vater von Siri lernt sie 2006 über das Internet kennen, er fliegt zu ihr nach Kanada. Bald wird sie schwanger, das arbeitslose Paar zieht nach Wetzlar. Bereits wenige Wochen nach der Geburt von Siri quälen die beiden ihre kleine Tochter das erste Mal, die Misshandlungen werden immer schlimmer. In den Wochen vor ihrem Tod brechen sie der Kleinen mehrfach die Knochen und lassen sie hungern. "Sie hat fast nur noch gewimmert und war spindeldürr", berichtete die Richterin.

Ein aufmerksamer Nachbar hatte bereits Ende 2007 das Jugendamt in Wetzlar informiert. Bei Hausbesuchen stellt die Mitarbeiterin nichts Außergewöhnliches fest, gegen sie ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Körperverletzung und unterlassener Hilfeleistung. Der Nachbar lässt nicht locker - wenige Tage vor Siris Tod kündigt das Jugendamt daher bei dem Vater einen erneuten Besuch an. In der Nacht zum 2. Mai schreit das Baby. Die Eltern setzen ein zangenähnliches Gerät an seine Lippen und drücken zu. Als Siri immer noch weint, schlagen sie ihr mit der Faust heftig auf die Lippen. "Dann beschließen sie, ihre Tochter zu töten", sagt die Richterin.

Die Eltern wollen die Tat als plötzlichen Kindstod vertuschen und so den Besuch des Jugendamts vermeiden.

© Sabine Maurer, dpa/grc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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