Lapo Elkann:Leben, Lieben und Leiden des Fiat-Erben

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Stilikone mit Hang zum Clownesken: Bereits viermal wurde Lapo Elkann vom Magazin Vanity Fair zum bestgekleideten Mann der Welt gekürt.

(Foto: Guido De Bortoli/Getty Images)

Lapo Elkanns Eskapaden bewegen Italien seit Jahren. Nun bekommt seine Geschichte einen neuen Höhepunkt: Er soll seine eigene Entführung vorgetäuscht haben.

Von Oliver Meiler

Natürlich wird die Sache nun meist ironisch kommentiert, da und dort ist auch Schadenfreude zu spüren. Als wäre das nicht die traurige Geschichte eines reichen Prinzen, der sich immer mal wieder selber abhandenkommt.

Aus dem Leben von Lapo Elkann, dem Enkel des königshaft gefeierten Gianni Agnelli selig von Fiat, haben die Italiener über die Jahre schon so viele Anekdoten gehört, glamouröse und kuriose, dass sie nichts mehr wirklich überrascht. Nicht einmal eine vorgetäuschte Entführung für die Beschaffung von 10 000 Dollar. Obschon man sich ja fragen kann, wie einer, der Millionen besitzt, in solch finanzielle Engpässe geraten kann, dass er von der eigenen Familie 10 000 Dollar in Cash erpressen muss, an einem Samstagabend, aus der Wohnung einer transsexuellen Prostituierten in einem heruntergekommenen Sozialbau in New York, 28. Straße.

Genau das aber ist passiert.

Kurz vor Thanksgiving teilt Elkann seiner großen Gefolgschaft auf Instagram mit, dass er nun für "Business und kreative Projekte" um die Welt reisen werde. Amerika, dann Asien. Im Video trägt er einen roten Anzug, einen Doppelreiher, dazu ein kariertes Hemd und rote Turnschuhe. Mindestens die Hälfte seiner halben Million Follower, so darf man annehmen, schaut sich seine Postings deshalb an, weil sie sich modisch inspirieren oder wenigstens unterhalten lassen will. Lapo Elkann, 39 Jahre alt und Unternehmer mit eigenem Label für Brillen und Kleider, der Italia Independent Group, ist schon lange eine internationale Stilikone - ein Trendsetter mit Sinn für Ausgefallenes und Auffälliges, das gerade noch so vor dem Clownesken haltmacht. Manchmal auch nicht, aber das ist wohl Geschmacksache. Jedenfalls hat ihn das Magazin Vanity Fair schon vier Mal zum bestgekleideten Mann der Welt gekürt.

Bei der transsexuellen Prostituierten geht ihm plötzlich das Geld aus

Lapo Elkann reist also von Mailand, wo er meistens lebt, nach New York und trifft sich mit Curtis alias Marie, 29, in deren Wohnung im dritten Stock des Nathan Straus House, einem braunen Klotzbau mit 26 Stockwerken. Keine gute Adresse. Die Umgebung ist bekannt dafür, dass viel gedealt wird.

Die beiden - so sollte es danach die New Yorker Presse von der Polizei erfahren - konsumieren viel Alkohol und einen Haufen Drogen, vor allem Kokain und Marihuana, das sie sich unten auf der Straße besorgen. Irgendwann, mitten im Rausch, geht das Geld aus. Da kommt Lapo Elkann die obskure Idee, er könnte Verwandte anrufen und ihnen erzählen, er werde festgehalten, es sei ganz schlimm, er könne sich aber mit 10 000 Dollar Barem von seinen Peinigern freikaufen. Er nennt die Adresse und hängt auf. Die Familie meldet den Fall der Polizei, die eine Geldübergabe inszeniert - und die beiden für einige Stunden festnimmt.

Elkann hat jetzt am 25. Januar vor dem New Yorker Criminal Court zu erscheinen. Für vorgetäuschtes Kidnapping sieht das amerikanische Strafrecht von zwei bis zehn Jahre Gefängnis vor.

Von Lapo Elkann hat die Öffentlichkeit seitdem nichts mehr gehört, auch nicht auf Instagram. Curtis alias Marie hat sich in ihrer Wohnung eingeschlossen, um sich vor den vielen italienischen Reportern zu schützen, die klopfen und klingeln, weil nun mal alles interessiert, was mit Fiat und ihren Erben zu tun hat. Die Familie mochte bisher weder dementieren noch kommentieren; ist wohl gerade schwierig, den passenden Ton zu finden. Nicht nur der Börsenkurs der Italia Independent Group gab nach, sondern auch der von Fiat.

Wieder bringt Lapo Elkann die Dynastie in Verruf. Dabei hatte man ja gedacht, er habe seine Dämonen besiegt nach jener nur knapp überlebten Oktobernacht 2005 in Turin, an die sich nun alle wieder erinnern. Mit einem Mix aus Kokain, Opium und Heroin, ebenfalls in Gesellschaft einer transsexuellen Prostituierten, hatte er sich ins Koma befördert. Die Zeitungen waren voll. Sie erzählten die Parabel eines nur vermeintlichen Glückskindes auf ständiger prekärer Identitätssuche. Sohn von Margherita Agnelli und des Schriftstellers Alain Elkann. Geboren in New York. Aufgewachsen in Brasilien, Paris, London. Studium der Internationalen Beziehungen. Lehre bei Piaggio, inkognito, unter dem Pseudonym Lapo Rossi.

Mit dem neuen Cinquecento entstaubte er die alte Marke

Sein Bruder John, ein stiller Buchhalter, stieg stetig hoch im Konzern, bis ganz hinauf. Lapo war immer der unstetere, aber originellere Kopf. Als Fiat schwierige Zeiten erlebte, zu Beginn der Nullerjahre, trug er mit seiner frechen Kommunikation und der Lancierung des neuen Cinquecento dazu bei, die Marke zu entstauben. Plötzlich wirkte Fiat jung und sexy. Und Lapo war das Gesicht dazu. Er ähnelte sogar ein bisschen Gianni Agnelli, nur eben in einer sehr exaltierten Version. Er war noch vernarrter in Autos und in Juventus Turin, den Fußballverein der Familie. Lapo trug zuweilen auch die Kleider des geliebten Großvaters, der zu seiner Zeit ebenfalls ein Ausbund an modischer Eleganz war - mit Ticks: Die Uhr trug der "Avvocato" über statt unter dem Hemdsärmel.

Unter den Hobbypsychologen der italienischen Presse hat sich mittlerweile die Meinung durchgesetzt, Lapo leide darunter, dass er dem hohen Standard des großväterlichen Vorbilds nicht genüge. Er zerbreche daran. Nach der überlebten Komanacht ging er für eine Entziehungskur nach Arizona, machte viel Fitness, trank Cola light, lancierte seine Marke. Er war zurück. Italien gewährt jedem eine zweite Chance, notfalls auch eine dritte.

Doch bei Fiat zweifelten sie daran, dass er es wirklich schaffen würde, und schlossen ihn aus den wichtigen Gremien aus. Lapo umgab sich oft mit zweifelhaften Leuten. Seine Liebschaften waren öffentlich und dauerten meist kurz, auch die Beziehung mit der früheren Miss Deutschland, Shermine Sharivar, hielt nur einen Sommer. Seit einiger Zeit hieß es, Lapo Elkann drifte wieder ab, die Dämonen seien zurück. Das Geschäft lief nicht mehr so gut, die Firma brauchte frisches Geld, und Lapos kuriose Episoden waren zwar lustig, aber nicht gerade gut für die Firma. Einmal parkte er sein Auto auf der Tramtrasse und blockierte den Mailänder Stadtverkehr, aber nicht mit einem Fiat. Sondern einem Ferrari in Tarnfarben.

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