Kritik an neuem Papst-Papier:"Rückschlag für die Ökumene"

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Die Aussage des Vatikan, die Kirchen der Reformation seien nach katholischer Auffassung nicht "Kirchen im eigentlichen Sinn", hat auf evangelischer Seite heftige Kritik hervorgerufen.

Matthias Drobinski

Der Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der Berliner Bischof Wolfgang Huber, nannte im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung das am Dienstag veröffentlichte Dokument eine "verpasste Chance, weil es keine neuen Möglichkeiten eröffnet, sondern Schwierigkeiten zementiert".

Kritik am neuen Papst-Papier kommt von der Evangelischen Kirche. (Foto: Foto: dpa)

Die Glaubenskongregation erhebe einen "Exklusivitätsanspruch, der weder den begrenzten Wahrheitszugang auch der römisch-katholischen Kirche noch ihre Irrtumsfähigkeit" eingestehe. Die ,,Hoffnung auf einen Wandel der ökumenischen Situation'' sei "in die Ferne gerückt"; für die Planung des ökumenischen Kirchentags 2010 in München sei dies "ein Rückschlag".

Die Glaubenskongregation hat fünf "Antworten auf Fragen zu einigen Aspekten bezüglich der Lehre über die Kirche" veröffentlicht, die sich auf die Aussage des Zweiten Vatikanischen Konzils in dem Beschluss "Lumen Gentium" bezieht, die Kirche Christi sei in der katholischen Kirche "subsistiert".

Dies habe nicht die traditionelle katholische Auffassung verändert, dass die katholische Kirche vollständig mit der Kirche Christi identisch sei, betont jetzt Kardinal William Levada, der Präfekt der Glaubenskongregation. Das Konzil habe jedoch zum Ausdruck gebracht, dass auch außerhalb der katholischen Kirche "vielfältige Elemente der Heiligung und der Wahrheit" zu finden seien.

Allerdings könnten die aus der Reformation hervorgegangenen Gemeinschaften "nach katholischer Lehre nicht ,Kirchen' im eigentlichen Sinn genannt werden", weil sie "wegen des Fehlens des sakramentalen Priestertums die ursprüngliche und vollständige Wirklichkeit des eucharistischen Mysteriums nicht bewahrt" hätten.

Kardinal Levada bekräftigt damit die Formulierungen des Schreibens "Dominus Jesus", das Joseph Ratzinger als Präfekt der Glaubenskongregation im Jahr 2000 veröffentlicht hatte. Auch damals hatten zahlreiche evangelische Theologen und Bischöfe vor allem gegen den Stil des Textes protestiert.

Unter anderem der deutsche Kardinal Walter Kasper, der Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen, hatte sich in der Folgezeit bemüht, den Streit beizulegen, indem er sagte, die evangelischen Kirchen seien keine "Kirchen im katholischen Sinne".

Solchen Bemühungen hat die Glaubenskongregation indirekt eine Absage erteilt, ebenso allen Interpretationen katholischer Theologen, das Dokument Lumen Gentium habe das katholische Kirchenverständnis verändert.

Der EKD-Ratsvorsitzende Huber betonte, er wolle die verschiedenen Kirchendefinitionen nicht verschweigen - "aber die Auffassung der römisch- katholischen Kirche zur Norm zu erklären und von den anderen zu erwarten, dass sie zu dieser Kirche zurückkehren", sei eine schlechte Voraussetzung für den Dialog.

Wenn jetzt die Ausdrücke von "Dominus Jesus" wiederholt würden, handle es sich "nicht um Fahrlässigkeit, sondern um Vorsatz". Vorsichtiger äußerte sich der bayerische Landesbischof Johannes Friedrich. Er sei "nicht enttäuscht": "So, wie die katholische Kirche sich definiert, wollen wir ja auch nicht Kirche sein," sagte er - der Text sei auch "keine Absage an die ökumenischen Bestrebungen".

Der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, verteidigte das Schreiben - es sei ein Ansporn zur Ökumene. Der Text sei "ein Dokument der Klarheit des eigenen Bekenntnisses" und zugleich ein Dokument der "begrenzten, aber wesentlichen Anerkennung des ekklesialen Charakters der anderen christlichen Glaubensgemeinschaften".

Er stellte klar, dass das Schreiben lediglich die Inhalte des Zweiten Vatikanischen Konzils und darauffolgender Schreiben wiederhole. Die katholische Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche" sprach dagegen von einem "erneuten und überflüssigen Schlag ins Gesicht der Ökumene".

© SZ vom 11.7.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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