Kraftwerk in Berlin gesprengt:Der Knaller

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Beim dritten Anlauf hat es geklappt. Nach einer bizarren Pannenserie ist in Berlin endlich die Sprengung eines Kraftwerks in Berlin gelungen.

Constanze von Bullion

Das Schlimmste ist also noch mal verhindert worden, nämlich dass es wieder heißt, dass die Berliner einfach nichts hinkriegen. Nicht mal, ihre eigene Stadt in die Luft zu jagen.

Gegen 11.00 Uhr wurde das Kesselhaus zum Einsturz gebracht, eine Viertelstunde später folgte der 100 Meter hohe Schornstein des ehemaligen Heizkraftwerks. (Foto: Foto: ddp)

Viertel nach elf am Donnerstag kracht es zweimal, dann passiert erstmal gar nichts bis ganz langsam der Schornstein einknickt, wie ohnmächtig wegsackt und sich über dem Blumenviertel von Berlin-Rudow eine gelbe Staubwolke erhebt.

Minzestraße Ecke Fenchelstraße, wo die Einfamilienhäuser eng stehen, fangen die Leute an zu kichern. "Sicher wieder nur 'n Treppenhaus", sagt ein Lackierer. "Det ist keene Dynamitwolke, nur 'n Sandberg", sagt ein Taxifahrer. "Viel zu leise, letztes Mal hat's mich von der Kloschüssel gerissen", sagt einer, der nicht glauben mag, dass das Heizkraftwerk Rudow jetzt wirklich gesprengt ist. Beim dritten Anlauf und nach einer einmaligen Pannenserie.

Stuckenberger heißt die Firma, die im März ein Kraftwerk im Berliner Randbezirk Rudow abreißen sollte. Die Firma, das sei vermerkt, stammt nicht aus Berlin, sondern aus Niederbayern. 5500 Tonnen Stahl und Beton sollten also weg und ein Koloss, der 1962 gebaut wurde, um die West-Berliner Plattenbausiedlung Gropiusstadt zu heizen. Das Kraftwerk ist nicht schön und außer Dienst, eigentlich wollte man es abtragen und nach China verschiffen. Der Chinese aber lehnte ab. Und das Kraftwerk war stärker als die Firma Stuckenberger.

Am 24. März wurde der erste Sprengsatz am Kesselhaus angebracht. In die Luft flogen aber nur Treppenhäuser, die nicht ins vorbereitete ,,Fallbett'' sanken, sondern auf den Beton daneben knallten. Offenbar eine Fehlzündung. Beim nächsten Versuch ging dann leider nur ein Teil der Ladung hoch. Dafür flogen Betonbrocken in benachbarte Wohnhäuser, die Erschütterung ließ Ziegel von den Dächern fallen, Scheiben splittern und die Hauswand von Taubenzüchter Jeske bersten. Das Kraftwerk stand.

Die Firma Stuckenberger hat jetzt erklärt, es sei der Eindruck entstanden, man habe Fehler gemacht. Das Gegenteil sei der Fall. Es handle sich um eine "abbruchtechnisch komplizierte Konstruktion", alle Sprengungen seien "vorschriftsmäßig" vorbereitet worden. Korrekt wie immer meldet die Firma dazu noch, das Kraftwerk "Rodow" sei nun gesprengt.

"Thüringen", sagt der Taxifahrer an der Fenchelstraße, diesmal waren die Sprengleute aus Thüringen. "Erzgebirge, Stollen, Mittelbau-Dora. Die könn' det eben." Er wendet sich ab, es riecht so komisch. Aus dem Kraftwerk sollen 70 Tonnen Asbest geborgen worden sein.

© SZ vom 4.5.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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