Kindstötung auf Kasernen-Toilette:Soldatin muss in Haft

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Sie hatte ihr Baby auf einer Kasernen-Toilette zur Welt gebracht - das Neugeborene ertrank. Jetzt ist Soldatin Melanie S. zu einer Haftstrafe verurteilt worden.

Eine 24-jährige Soldatin ist wegen der Tötung ihres Neugeborenen zu zwei Jahren und acht Monaten Gefängnis verurteilt worden. Das Landgericht Verden sprach die Frau am Donnerstag der Tötung durch Unterlassen in einem minderschweren Fall schuldig. Die Kammer ging dabei von verminderter Schuldfähigkeit aus. Die Staatsanwaltschaft hatte zweieinhalb Jahre Haft gefordert, die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert.

Muss für zwei Jahre und acht Monate in Haft: Sanitätssoldatin Melanie S. (Foto: Foto: ddp)

Die Sanitätssoldatin musste sich seit Oktober 2008 vor Gericht wegen der Tötung ihrer neugeborenen Tochter verantworten. Sie hatte das Mädchen laut Urteilsbegründung in der Nacht zum 13. März 2008 auf der Toilette der Lützow-Kaserne im niedersächsischen Schwanewede geboren. Das Kind fiel demnach in die Toilettenschüssel und ertrank, weil die Mutter es nicht sofort herausholte.

Einem Sachverständigen zufolge lebte das Mädchen und machte 10 bis 20 Atemzüge. Dann sei es tiefer in die Toilette gerutscht, bis es mit dem Kopf unter die Wasseroberfläche rutschte und ertrank.

Keine Beziehung zu dem Kind aufgebaut

Der Angeklagten sei bewusst gewesen, dass das neugeborene Kind lebte und sie etwas tun müsste, sagte die Staatsanwältin: "Aber sie hatte keinerlei Beziehung zu dem Kind und war fokussiert auf ihre eigenen Ängste und Sorgen." Die junge Frau sei in einer verzweifelten Situation gewesen.

Die 24-Jährige habe sich irgendwann erhoben und sich und die Toilette gesäubert, führte die Staatsanwältin weiter aus. Die Nachgeburt habe sie zusammen mit dem Baby in einen Eimer gelegt, den sie in ihren Spind stellte. Ihr Verhalten habe sie damit erklärt, das Baby für tot gehalten zu haben. Über den Vater des Kindes ist nichts bekannt.

Die Frau habe das Kind nicht gewollt, weil sie Angst vor den Reaktionen ihrer Familie und Kollegen hatte, sagte die Staatsanwältin. Die Soldatin habe ohnehin Angst vor Sozialkontakten und sei introvertiert.

Schwangerschaft verdrängt

Entgegen der Auffassung des psychiatrischen Gutachters hielt die Staatsanwaltschaft die Angeklagte aber für voll schuldfähig. Die junge Frau habe die Schwangerschaft zwar lange verdrängt, doch spätestens mit dem Einsetzen der Wehen am Tag vor der Geburt realisiert.

Der Verteidiger betonte hingegen, die Soldatin habe ihre Schwangerschaft bis zum Moment der Niederkunft nicht wahrgenommen. Ihren Zustand habe beispielsweise auch nur einer der vier Ärzte bemerkt, mit denen sie zusammenarbeitete. Die junge Frau sei bei der für sie völlig überraschend einsetzenden Geburt völlig verstört und auch nach Einschätzung des psychiatrischen Gutachters im Schockzustand gewesen.

Der Vorwurf eines pflichtwidrigen Tuns oder Unterlassens sei aufgrund der außergewöhnlichen körperlichen und seelischen Verfassung der Angeklagten zu verneinen, argumentierte der Verteidiger.

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