Kinderschänder-Prozess:Lebenslang für Dutroux

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Das Schwurgericht im südbelgischen Arlon hat gegen den 47-Jährigen wegen dreifachen Mordes und weiterer schwerer Straftaten die Höchststrafe verhängt. Bereits vergangene Woche war Marc Dutroux von den Geschworenen schuldig gesprochen worden.

Das Schwurgericht in Arlon verhängte am Dienstag, acht Jahre nach der Festnahme Dutroux', die Höchststrafe gegen den 47-Jährigen. Damit muss er voraussichtlich bis an sein Lebensende im Gefängnis bleiben.

Vor der Verkündung des Strafmaßes hatte der Vorsitzende Richter Stéphane Goux das 50 Seiten umfassende Urteil verlesen. Mit dem Strafmaß befassten sich erst die letzten fünf Seiten.

Dutroux' Exfrau Michelle Martin und seinen Komplizen Michel Lelièvre verurteilten die zwölf Geschworenen und die drei Richter zu Freiheitsstrafen von 30 und 25 Jahren.

Der mitangeklagte Brüsseler Geschäftsmann Michel Niohoul muss fünf Jahre ins Gefängnis. Die Angeklagten nahmen die Urteile regungslos zur Kenntnis.

Die Anklage hatte lebenslang für Dutroux, je 30 Jahre Haft für Martin und Lelièvre und mindestens zehn Jahre für Nihoul gefordert.

Dutroux will kämpfen bis zum Lebensende

Unmittelbar vor Verkündung des Strafmaßes wies Dutroux mehrere Anklagepunkte erneut zurück. "Ich habe nichts mehr zu gewinnen", sagte er in seinem Schlusswort. Er werde aber bis an sein Lebensende dafür kämpfen, die Wahrheit zu beweisen.

Die Jury hatte Dutroux vergangene Woche des dreifachen Mordes sowie der Entführung, Freiheitsberaubung und Vergewaltigung von sechs Mädchen schuldig gesprochen.

Dutroux bestritt erneut, 1995 die damals 17 Jahre alte An Marchal, die 19-jährige Eefje Lambrecks sowie seinen Komplizen Bernard Weinstein ermordet zu haben. Auch die achtjährigen Julie und Melissa will er nicht entführt haben.

Als Dutroux neue Beweise vorlegen wollte, ermahnte ihn der Vorsitzende Richter Stéphane Goux, dass seine Schuld festgestellt worden sei. Damit brachte der Richter Dutroux' Schlusswort zu einem schnellen Ende.

"Ich werde jedes Strafmaß akzeptieren"

Michelle Martin erklärte erneut ihr tiefes Bedauern über das Geschehene. Lelièvre sagte: "Ich werde jedes Strafmaß akzeptieren." Die Geschworenen sahen es als erwiesen an, dass die beiden Mitangeklagten an der Entführung und Freiheitsberaubung der Mädchen beteiligt waren. Nihoul sagte zu den Geschworenen: "Ich werde Ihr Urteil akzeptieren."

Der 63-Jährige war vom Vorwurf freigesprochen worden, an der Entführung und Freiheitsberaubung der Mädchen mitgewirkt zu haben. Die Geschworenen sind aber überzeugt, dass er Mitglied einer Bande war, die sich des Menschenhandels, Drogenhandels und Handels mit gefälschten Papieren schuldig gemacht hat.

Nihoul galt als mögliches Bindeglied zwischen der Dutroux-Bande und einem Pädophilen-Netzwerk. Nihouls Anwalt Frédéric Clément de Cléty betonte, sein Mandant habe bereits damit bezahlt, dass er im Fall Dutroux auf der Anklagebank sitze.

Bewiesen sei, dass Nihoul in den Handel mit Ecstasy-Pillen verwickelt gewesen sei. Dafür sei eine Freiheitsstrafe von maximal drei Jahren angemessen.

Keine Hoffnung auf Begnadigung

Festgelegt wurde das Strafmaß von den zwölf Geschworenen, dem Vorsitzende Richter Goux und seinen zwei Beisitzern. Die Entscheidungen mussten nach Angaben eines Gerichtssprechers mit mindestens acht zu sieben Stimmen fallen.

Lebenslang bedeutet in Belgien, dass ein Verurteilter zunächst nicht mit seiner Freilassung rechnen kann. Dutroux dürfte auch nicht darauf hoffen, irgendwann begnadigt zu werden.

Berufung gegen das Urteil des Schwurgerichts ist nicht möglich, die Entscheidung kann allenfalls wegen eines Verfahrensfehlers vor dem Kassationsgericht angefochten werden.

Der Prozess begann am 1. März. Die vier Angeklagten waren bereits im August 1996 festgenommen worden. Die Vermutung, hinter Dutroux könnte ein ganzer Pädophilenring stecken, zog die Ermittlungen in die Länge.

Belgien rutschte wegen der Affäre in eine Staatskrise, die zum Rücktritt mehrerer Minister und zur Reform des Polizeiwesens führte.

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