"Katrina"-Katastrophe:Luftbrücke nach New Orleans

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Im Katastrophengebiet deutet sich eine leichte Entspannung an: Die ersten Hilfskonvois treffen in der Stadt ein und Hubschrauber fliegen die Menschen aus. 7000 zusätzliche Soldaten der Nationalgarde sollen für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Auch aus Deutschland traf die erste Hilfe ein.

Ein Bundeswehrflugzeug mit Hilfsgütern landete am Samstag in den USA. Die Regierung in Berlin teilte mit, der Airbus sei mit zehn Tonnen Essensrationen nach Pensacola in Florida geflogen.

Noch immer ist die Lage in New Orleans unübersichtlich und chaotisch - Rauchschwaden ziehen über die Stadt (Foto: Foto: AP)

Berlin kündigte zudem die Entsendung eines so genannten Fact-Finding-Teams des Technischen Hilfswerks an. Das Team soll laut Regierungssprecher Bela Anda sicherstellen, dass die von den USA gewünschten deutschen Hilfsmaßnahmen ohne Zeitverzug anlaufen können.

Mehr als 7000 neue Soldaten

US-Präsident George W. Bush kündigte nach scharfer Kritik wegen der schleppend angelaufenen Hilfe die Entsendung weiterer 7200 Soldaten an den Golf von Mexiko an.

"Das ungeheure Ausmaß der Aufgabe erfordert mehr Ressourcen", sagte Bush in seiner wöchentlichen Radioansprache. Die zusätzlichen Soldaten sollten binnen 72 Stunden eintreffen. Bislang sind erst 4000 Soldaten an der Golfküste im Einsatz, neben mehr als 21.000 Nationalgardisten.

Die Gouverneurin von Louisiana, Kathleen Blanco, erklärte, die Militärpräsenz werde für eine Beruhigung der Lage sorgen. In der Nacht zum Samstag waren im French Quarter in New Orleans etwa zwei Dutzend Schüsse zu hören. Aus mehreren Lagerhäusern am Ufer des Mississippi stieg später Rauch auf, Dächer stürzten ein, Explosionen erschütterten das Gebiet.

Bush reist am Montag erneut ins Krisengebiet

US-Präsident Bush hatte am Freitag eingeräumt, dass die Regierung nicht angemessen auf die Katastrophe reagiert habe. Nach einem Besuch der betroffenen Gebiete unterzeichnete er eine Anweisung für Soforthilfe im Umfang von 10,5 Milliarden Dollar (8,4 Milliarden Euro).

Das US-Arbeitsministerium kündigte darüber hinaus Hilfen bis zu 62 Millionen Dollar (49 Millionen Euro) an, um vorübergehend Arbeitsplätze für obdachlos gewordene Hurrikan-Opfern im Staat Louisiana zu schaffen.Am Montag wird Bush erneut ins Katastrophengebiet reisen.

Nach sechs Tagen werden die Menschen aus dem Stadtzentrum von New Orleans herausgeflogen (Foto: Foto: dpa)

Helikopter zur Evakuierung eingesetzt

Im weitgehend überfluteten New Orleans begann die US-Armee, Tausende von gestrandeten und Not leidenden Menschen mit Helikoptern auszufliegen. Am Nachmittag trafen dann die von Bürgermeister Ray Nagin seit Tagen geforderten Busse ein. In den beiden Notunterkünften, dem Superdome und dem Kongresszentrum, warteten nur noch wenige Tausend Menschen auf ihre Abreise.

Auf dem Louis Armstrong International Airport landeten nach Angaben des US-Verkehrsministeriums von Freitagmittag an stündlich etwa vier Flugzeuge von mehr als einem Dutzend Fluggesellschaften mit dringend benötigten Gütern und flogen auf dem Rückweg Flüchtlinge aus.

Der Küstenschutz evakuierte bislang rund 9500 Menschen. Das sind nach den Angaben mehr Menschen, als im gesamten Jahr 2003 gerettet wurden. Entspannt wurde die Situation auch dadurch, dass die am Freitag eingetroffene Nationalgarde Lebensmittel, Trinkwasser und Medikamente verteilte.

Kritik von Abgeordneten

US-Kongressmitglieder beider Parteien kritisierten die Reaktion der Bundesbehörden auf die Katastrophe und kündigten eine Untersuchung an. Die Ermittlungen sollten in der nächsten Woche beginnen, sagten Susan Collins (Republikaner) und Joseph Lieberman (Demokraten). Schwarze Kongressabgeordnete warfen der Regierung vor, zu langsam und unzureichend auf die Katastrophe reagiert zu haben.

Einen Sturm der Empörung verursachte der führende Republikaner und Bush-Freund Dennis Hastert mit seinen Zweifeln am Sinn des Wiederaufbaus von New Orleans.

Völlige Ungewissheit herrschte weiter über die Zahl der Todesopfer. Der Gouverneur von Mississippi, Haley Barbour, sprach von mindestens 147 Opfern in seinem Staat, doch liege die Gesamtzahl wahrscheinlich viel höher. Nagin hatte in den vergangenen Tagen die Befürchtung geäußert, in New Orleans könnten mehr als tausend Menschen dem Hurrikan zum Opfer gefallen sein.

350.000 Häuser zerstört und eine Million ohne Obdach

Derweil zeichnet sich langsam das Ausmaß der Naturkatastrophe ab. Mindestens 350 000 Häuser sind nach Angaben der Behörden zerstört worden. Rund eine Million Menschen haben ihr Zuhause verloren. Nach Angaben der Armee wird es fast drei Monate dauern, das Wasser aus New Orleans zu pumpen. Die Gesamtschäden werden auf bis zu 100 Milliarden Dollar (80 Milliarden Euro) geschätzt.

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