Katamaran-Unglück:Fährschiff legte bei zu hohen Wellen ab

Lesezeit: 2 min

Ermittlungen zur verunglückten Fähre Polarstern: Das Schiff legte bei deutlich zu hohem Wellengang ab. Nun gerät der Kapitän ins Visier der Staatsanwaltschaft.

Die verunglückte Fähre Polarstern hat die Insel Helgoland am Montagnachmittag bei einem zu hohen Wellengang verlassen. Wie das Hamburger Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) der mitteilte, waren Wellen zum Zeitpunkt des Auslaufens der Polarstern im Schnitt 2,69 Meter hoch. Die höchsten Brecher hätten mehr als vier Meter erreicht. Nach Angaben der Polarstern-Reederei AG Ems sind 2,50 Meter hohe Wellen die Höchstgrenze für ein Auslaufen.

Begutachtung des Schadens an der MS Polarstern: Bis zu fünf Meter hohe Brecher belasteten das Material. (Foto: Foto: dpa)

Nach dem Katamaran-Unglück in der Nordsee sind nach Angaben der Reederei sieben der acht Schwerverletzten wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden. Nur ein Passagier müsse weiter stationär versorgt werden, sagte eine Sprecherin der AG Ems am Mittwoch in Emden. "Wir müssen noch klären, ob der Kapitän diese Werte kannte", hieß es bei der AG Ems.

Die Staatsanwaltschaft in Aurich prüft, ob sich der Kapitän des Katamarans der fahrlässigen Körperverletzung oder des gefährlichen Eingriffs in den Schiffsverkehr schuldig gemacht hat. Bei den Ermittlungen handele es sich um reine Routine, erklärte ein Sprecher der Behörde.

Am Montagabend hatte sich bei schwerem Seegang zwischen Helgoland und Borkum die Bugreling des Schiffs gelöst und ein Fenster zerschlagen. 24 der 361 Passagiere wurden verletzt. ´

Die Emder Wasserschutzpolizei und die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) machten zum Stand der Ermittlungen keine näheren Angaben. Mitarbeiter der BSU hätten das Schiff untersucht, die Besatzung befragt sowie Daten zu Wind, Wellen und Schiffsgeschwindigkeit aufgenommen, sagte der stellvertretende Leiter Jürgen Albers am Mittwoch in Hamburg. All dies werde nun analysiert, der Ablauf des Unglücks möglichst genau rekonstruiert.

Albers geht dabei weder von Materialermüdung aus - dafür sei der Katamaran mit sieben Jahren noch nicht alt genug - noch von Konstruktionsmängeln, denn dafür sei die Polarstern wiederum zu lange in Fahrt.

Anders als für die Polizei gehe es im BSU-Bericht am Ende nicht um strafrechtliche Belange, sondern um die Frage: "Was können wir aus diesem Unfall lernen, um solche oder ähnliche Unfälle künftig zu verhindern?"

Albers bestätigte Presseberichte, wonach die BSU zu spät über das Unglück informiert wurde. Die Behörde habe eine "Rufbereitschaft rund um die Uhr", die Polizei habe sie aber erst rund 14 Stunden nach dem Unfall benachrichtigt. Glücklicherweise seien aber durch die Verzögerung keine Daten verloren gegangen, da die "Polarstern" entgegen erster Annahmen über keinen Schiffsdatenschreiber verfüge. Eine solche "Black Box" überschreibe Daten jeweils nach zwölf Stunden automatisch, weshalb die BSU frühzeitig zum Unglücksort gerufen werden müsse. Hinter der "späten Information" in diesem Fall stecke aber "sicher keine böse Absicht", sagte Albers.

© AFP/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: