Kampfsaufen:Clubs locken mit Alkohol-"Flatrate"

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Ein neuer Trend aus Hannover: Die Eintrittspreise liegen in Bars und Discos bei vier bis acht Euro, dann fließt Prosecco, Wodka Lemon und Gin Tonic in Strömen.

Inzwischen heißt es ganz trendig "Flatrate" - die Lockangebote für Alkohol in Clubs und Discotheken werden aber meist schlicht als "Kampfsaufen" bezeichnet.

Cocktail-Bar. (Foto: Foto: ddp)

Bei Partygängern scheint es im Trend zu liegen, möglichst viel Alkohol in möglichst kurzer Zeit zu trinken. Die Eintrittspreise liegen in hannoverschen Bars und Discotheken bei vier bis acht Euro, dann fließt Prosecco, Wodka Lemon und Gin Tonic in Strömen.

"Ich finde das von den Wirten verantwortungslos", sagt der Geschäftsführer der Deutschen Hauptstelle für Suchtgefahren, Rolf Hüllinghorst. Dieser Szene-Trend sei ihm bundesweit so noch nicht aufgefallen.

Beim Alkoholkonsum unter den Spitzenreitern

Beim Alkoholkonsum ist Deutschland unter den Spitzenreitern in der Welt und rangiert auch in der Europäischen Union weit vorne.

Hüllinghorst fordert, bei den Betrieben mit Dumpingangeboten für Alkohol verstärkt zu kontrollieren, dass sie die Jugendschutz-Bestimmungen einhalten.

Die Betreiber der Clubs in Hannover wehren sich gegen Vorwürfe, sie würden junge Gäste dazu verführen, sich sinnlos zu betrinken. Die Polizei ist besorgt. Sie beobachtet, dass zunehmend jüngere Leute immer mehr Alkohol trinken und es auch vermehrt zu Randalen vor Discotheken kommt.

Sucht-Experten besorgt

Sucht-Fachleute wollen nun eingreifen und mit den Bar-Besitzern ein ernstes Wort reden. Auch Niedersachsens Sozialministerin Mechthild Ross-Luttmann (CDU) appelliert an das Verantwortungsgefühl der Betreiber und der jungen Leute.

Der Geschäftsführer einer Bar in Hannover, Jan Witte, will von wilden Alkohol-Partys, bei der die Gäste reihenweise über die Stränge schlagen, nichts wissen. "Mein Club ist kein Besauf-Laden und hat kein Schützenfest-Niveau." Es gehe in seinem Lokal nicht darum, Jugendliche abzufüllen.

Auf der Internetseite seines Lokals lockt er mit dem Spruch: "Für alle, die den Hals nicht voll kriegen können, gibt's jetzt jeden Donnerstag die Flatrate." Die Gäste könnten statt Wodka oder Prosecco aber genau so gut auch Sprudel und andere alkoholfreie Getränke bekommen, sagt Witte.

Schnäppchen-Angebote

Ob 99-Cent-Feten oder Mallorca-Partys mit Sangria aus Eimern - im hart umkämpften Markt setzt die Gastro-Branche wie längst auch der Einzelhandel immer wieder auf Schnäppchen-Angebote.

"Man muss da mitbieten, sonst kann man den Laden zulassen", sagt Jürgen Uhlenwinkel, Chef eines anderen Clubs in Hannover. Er lockt mit den Worten: "So viel du (trinken) kannst." Explizit ist auf der Internet- Homepage aber auch vermerkt, dass der Personalausweis vorzuzeigen ist.

Nach dem Jugendschutzgesetz darf hochprozentiger Alkohol an unter 18-Jährige nicht ausgeschenkt werden. Der Geschäftsführer der Landesstelle gegen die Suchtgefahren in Niedersachsen, Manfred Rabes, ist überzeugt, dass die meisten Lokale die Vorschriften auch nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Gesundheitliche Risiken

"Die Betreiber versuchen, ihr Renommee so zu gestalten, dass sie nicht in die falsche Ecke gedrückt werden." Rabes warnt jedoch vor den gesundheitlichen Risiken - zumal immer wieder Jugendliche nach ungezügeltem Alkoholkonsum in der Klinik landeten.

Die Landesstelle gegen Suchtgefahren will nun auf den gefährlichen Trend reagieren und zunächst mit den Club-Betreibern in der Landeshauptstadt reden. In den Landkreisen könnten vom Sozialministerium finanziell geförderte Fachleute für Suchtprävention auf die Billig-Angebote für Alkohol reagieren.

Der Pressesprecher der Polizeidirektion Hannover, Lars Beringer, berichtet, gerade auch auf dem Land bei Schützenfesten müsse die Polizei zunehmend wegen junger Leute im "Alkoholrausch" ausrücken.

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