Islamischer Handyklingelton:Allahs Anrufer

Lesezeit: 1 min

"Allahu akbar" aufs Mobiltelefon: Ein neuer Klingelton-Trend hat in Ägypten einen Streit unter Religionsgelehrten ausgelöst.

Tomas Avenarius

Gott ist bekanntlich groß, aber er passt dennoch ins kleinste Handy: Zwischen Kairo und Riyad sind "Islamische Klingeltöne" für das Handy ein Hit. Wer angerufen wird - und wenn es nur die eigene Frau oder der eigene Chef ist - kann sich dies durch die Stimme eines elektronischen Imams mitteilen lassen.

Mobilfunknutzer in Ägypten: "Das Korangeklingel ist unakzeptabel" (Foto: Foto: AP)

Der zitiert bei einem eingehenden Telefongespräch durch den Handylautsprecher aus dem heiligen Buch oder ruft zum Gebet. Das kann dauern: In Ägypten gehört es fast schon zum guten Ton, das eigene Telefon eine Weile klingeln zu lassen, bevor man sich meldet.

Doch so fromm kann einer gar nicht sein, dass einen das ewige "Allahu akbar" auf der Kundenseite des Bankthresens, in der Bäckerei oder auf dem Gehweg nicht zum Wahnsinn treiben würde. Inzwischen hat die himmlische Kakophonie derart überhand genommen, dass sich auch diejenigen Sorgen machen, die qua Amt von Gott am meisten verstehen: Die islamischen Religionsgelehrten.

Der oberste Mufti von Ägypten erklärte jüngst: "Das Korangeklingel ist unakzeptabel, da es das heilige Buch trivialisiert." Und Ali Gomaa fügt hinzu, aus theologischer Sicht seien die frommen Klingeltöne schlicht "eine Sünde".

Turbulente Debatte unter Rechtsgelehrten

Auch im Ursprungsland des Islam hält sich die Freude der Fachleute in Grenzen: Sechs Tage lang berieten in Saudi-Arabien gerade die obersten Religionsgelehrten im "Rat islamischer Rechtsprechung" über den Telefon-Koran. Allerdings ohne Ergebnis.

"Die Gelehrten waren sich uneinig über den Gebrauch von Koran-Versen als Klingelton auf dem Mobiltelefon", meldete die Zeitung al-Hayat. Die Debatte sei "turbulent" gewesen. Man kann nur erahnen, wie diese turbulente Debatte zusätzlich bereichert wurde durch die koranischen Klingeltöne eingehender Anrufe auf der Seite der hartleibigen Befürworterfraktion unter den Islam-Gelehrten.

Ob der koranische Klingelton nun wirklich Sünde ist oder doch eher eine fromme Tat: Auf Erden sind die Nutznießer neben den Ohrenärzten immer noch die Telefongesellschaften. In Ägypten bieten Firmen wie "Mobinil" oder "Vodafon" die Klingeltöne im Internet zum Runterladen für Pfennigbeträge an, die Tendenz ist steigend.

Es wird einem also nichts anderes übrig bleiben als dafür zu beten, dass das koranische Geklingel doch nicht gottgefällig ist. Sonst kommen am Ende alle 70 Millionen Ägypter in den Himmel und man versteht selbst im Paradies sein eigenes Wort nicht mehr.

© SZ vom 08.11.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: