Interview mit Chefin des Diana-Fan-Clubs:"Die vielen Pannen bei der Hochzeit sind herrlich"

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Es gibt ihn tatsächlich: Den deutschen Diana-Gedächtnis-Club. Für dessen Vorsitzende grenzt Charles' Vermählung mit Camilla an Hochverrat. Aber das Chaos vor der Trauung liefert ja genug Anlass zur Schadenfreude.

Interview: Marten Rolff

Die Briten gewöhnen sich nur langsam daran, dass Prinz Charles und Camilla Parker Bowles am Samstag (13.30 Uhr) heiraten.

Bleibt für den Diana-Gedächtnis-Club für immer die "Königin der Herzen" - Charles' Ex-Frau Diana. (Foto: Foto: dpa)

Geradezu unerträglich finden die Hochzeit jedoch die Anhänger der verstorbenen Prinzessin Diana. Im Internet lassen sie weltweit Frust ab. Das würde Evelyn Marie Seidel zwar nie tun, aber als Chefin des einzigen deutschen Diana-Gedächtsnisclubs weiß die 55-jährige Erzieherin aus Hameln, dass Camilla Di nie ersetzen wird.

SZ: Frau Seidel, am Samstag heiratet Charles seine Camilla. Das muss für Sie doch ein rabenschwarzer Tag sein.

Seidel : Sollen die doch ruhig heiraten! Miterleben will ich das Spektakel aber nicht. Eigentlich sollte ich ja in Windsor vor die Kamera. ProSieben wollte mich einfliegen. Das will ich nicht, ich möchte die Stadt in guter Erinnerung behalten.

SZ: Empfänden Sie das als Verrat?

b>Seidel: Ich habe denen gesagt: Mein Platz wäre vor dem Kensington-Palast, da lebte Di. Da könnte ich Blumen niederlegen. Das wollten die nicht. Dann hat uns das ZDF nach Berlin eingeladen. Eigentlich wollten wir wegen der Hochzeit nicht frei nehmen. Nun fahren wir doch.

SZ: Ehrensache - als Vorsitzende von Deutschlands einzigem Diana-Fanclub.

Seidel: Kein Fanclub! Wir sind Diana-Verehrerinnen. Das ist uns sehr wichtig.

SZ: Wo liegt denn da der Unterschied?

Seidel: Fans haben so etwas Fanatisches. Im Rheinland lebt eine Frau, die ist Diana-Fan, die setzt sich in Talkshows immer eine Krone auf. Das ist aber nichts für uns. Fan zu sein, ist einer solchen Prinzessin nicht angemessen. Das passt zu Stephanie von Monaco.

SZ: Was fasziniert Sie denn an Diana?

Seidel: Ich habe mich früh für die Royals interessiert. Als Kind war ich oft bei englischen Verwandten zu Gast. Aber mit Königin Elisabeth hatte ich schon als Achtjährige Probleme. Die ist so verbissen! Meine Tante hat immer gesagt: They like horses? They are horses!

SZ: Und mit Diana kam dann endlich die Menschlichkeit ins Haus ...

Seidel: Diana war anders. Erst musste die Arme alles mitmachen: hässliche Hüte, wulstige Kleider. Dann begann sie sich zu emanzipieren. Da dachte ich: Endlich möbelt jemand das Königshaus auf! Di wirkt bis heute auf das Königshaus.

SZ: Und sie wirkt offenbar stark auf die Hochzeit von Charles und Camilla. Nach der Verlobung titelten britische Zeitungen: "Was würde Diana sagen?"

Seidel: Ich glaube, es hätte sie schon ein wenig verletzt, wenn auch nicht sehr. Ich kenne einen Pfarrer aus Kensington, dem Diana sich oft anvertraute. Der erzählte mir, Diana sei über die letzten Jahre ihres Lebens versöhnlicher geworden.

SZ: Und wie hat der Lady-Di-Club auf die Verlobung reagiert? Taschentücher?

Seidel: Ach was! Es war klar, dass er sie irgendwann heiratet. Aber wir freuen uns doch sehr über die vielen Pannen. Die Queen will nicht ins popelige Rathaus zu Windsor, es hagelt Absagen, die Hochzeit muss verlegt werden. Herrlich!

SZ: Warum denn so schadenfroh?

Seidel: Mich stört der scheinoffizielle Charakter der Trauung. Sie hätten heimlich heiraten sollen. Und Charles hätte die Thronfolge an Prinz William abgeben müssen. Dann hätte keiner was gesagt.

SZ: Warum sollte Charles verzichten?

Seidel: Als König hat er einen bestimmten Ehrenkodex einzuhalten. Durch ihr unentschlossenes Verhalten in der Beziehung zueinander haben Charles und Camilla viel zerstört. In beiden Familien.

SZ: Was mögen Sie an Camilla nicht?

Seidel: Wir würden sie nie verurteilen. Aber wir dürfen doch sagen, dass wir sie herb und tollpatschig finden. Zudem versucht sie den Diana-Stil zu kopieren.

SZ: Sie kopiert ihre Vorgängerin?

Seidel: Camilla versucht sich in Kostümchen und Abendkleidern, die nicht zu ihr passen. Ihr Stil wird verulkt. Sie kann einem fast Leid tun. Wir haben mal ein Diana-Musical gesehen - und Tränen gelacht über die Camilla-Darstellerin.

SZ: Freuen Sie sich doch für Charles! Vielleicht ist Camilla ja seine Ideal-Frau.

Seidel: Das bestreite ich ja nicht. Aber man wird jetzt abwarten müssen. Sie sind soviel Nähe ja gar nicht gewohnt.

SZ: Wäre sie die bessere Königin?

Seidel: Ach, bessere Königin! Jedenfalls wird sie niemals Königin der Herzen. Daher ist es ein Unding, dass Camilla (- wie Diana -, die Red.) Prinzessin von Wales werden soll. Diana war ein Vorbild, dem wir im Club sehr nacheifern.

SZ: Wie darf man sich das vorstellen?

Seidel: Dianas caritative Arbeit hat großen Eindruck auf uns gemacht. Wir gehen in Krankenhäuser und besuchen Patienten ohne Angehörige. Wir hören ihnen zu und drücken sie. Und wir archivieren fast alles, was über Di erscheint.

SZ: Pilgern Sie auch nach England?

B Seidel: Wir fahren oft nach Althorp und Kensington und haben dort Kontakt zu vielen Menschen, die Diana gekannt haben. Zu jedem Di-Geburtstag gibt es eine Kaffeerunde mit großer Königstorte.

SZ: Mit Königstorte...

Seidel: Eine schöne Torte kam vor Jahren von einer Dame aus Höxter. Mit Dianas Porträt aus Marzipan. Später saßen wir davor und dachten: Wir können doch Diana nicht ins Gesicht schneiden.

Dann haben wir den Torten-Aufsatz mit Haarspray konserviert und in goldenes Tuch gehüllt. Bis heute ist nur ein Ohrring abgebröckelt. Und ein Stück Perlenkette.

© SZ vom 6.4.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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