Hollywood:Die heilige Schrift

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Denkmalschützer kämpfen gegen Bauprojekte, die das Wahrzeichen Hollywoods verschandeln könnten. Eventuell brauchen sie die Hilfe der Stars.

Jörg Häntzschel

An klaren Tagen, wenn der Smog nicht alles in diffuser Suppe untergehen lässt, sieht der Westen von Los Angeles aus, als sei er den fiktiven Monumentallandschaften aus den Vorspännen alter amerikanischer Filme nachempfunden. Statt "Paramount" oder "Universal" stehen auf der Bergkette, die den dramatischen Hintergrund der flachen Stadt bildet, die riesigen Lettern HOLLYWOOD. Viele halten die 15 Meter hohen Buchstaben für eine Art wie im Triumph gestreckte Faust der Filmindustrie und seines Mythos - als habe der noch Werbung nötig.

Sonnenuntergang über dem Cahuenga Peak. (Foto: Foto: AP)

Die Wahrheit ist etwas banaler: Harry Chandler, der Herausgeber der Los Angeles Times, hatte das Land gekauft und hoffte mit der 1923 aufgestellten gigantomanischen Werbeschrift Interessenten für sein Immobilienprojekt "Hollywoodland" zu finden. Doch die strahlend weißen, nachts von Tausenden Glühbirnen beleuchteten Lettern wurden schnell zum Wahrzeichen der Stadt, die keinen Dom hat und kein Empire State Building.

So ließ man sie einfach stehen. Jeder, der nach L.A. kommt, macht sein Foto von ihnen; etliche versuchten sie zu erklimmen; die unglückliche Filmschauspielerin Peg Entwistle stürzte sich 1932 vom Buchstaben H in den Tod.

Nun aber fürchten viele in Los Angeles um das Zeichen. Nicht um die Buchstaben, die stehen längst unter Denkmalschutz, sondern um die direkte Umgebung, die möglicherweise bebaut werden soll: von einem Investor, der ganz ähnliche Pläne hat wie Chandler. Das ikonische Bild der einsam auf dem Kamm des 580 Meter hohen Cahuenga Peak stehenden Lettern wäre damit zerstört.

Wer würde nicht gerne dort oben wohnen?

1940 soll der Flugpionier, Milliardär und Paranoiker Howard Hughes Chandler das Land rings um das Denkmal abgekauft haben, um dort eine Villa für sich und seine damalige Geliebte Ginger Rogers zu bauen. Doch als die Beziehung in die Brüche ging, so geht die Legende, gab er das Projekt auf.

Eher durch Zufall wurde das Land 2002 still und leise - und für den lächerlichen Preis von 1,7 Millionen Dollar an einen Investor verkauft. Der fand im Kleingedruckten eine Passage, nach der Hughes bereits die Genehmigung erwirkt hatte, eine Straße auf den steilen und überwachsenen Hügel zu bauen.

Damit war das letzte große Hindernis für die Bebauung aus dem Weg geräumt. Und wer würde schließlich nicht gerne dort oben wohnen und den atemberaubenden Blick über die riesige Stadt und aufs Meer genießen?

Denkmalschützer versuchen jetzt, die Stadt zum Kauf des Landes zu bewegen. Und wenn das Geld nicht reicht, sollen die Stars einspringen, die in den siebziger Jahren schon einmal je 28.000 Dollar gespendet haben, um die verfallenden Buchstaben zu restaurieren. Sie sind ja schließlich Hollywood.

© SZ vom 22.04.2008/sekr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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