Hameln:Der Rattenfänger

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Thomas Wahmes hat einen sagenhaften Job: Er bekämpft das Rattenproblem in der Stadt Hameln.

Titus Arnu

Der Sage nach hat ein "wunderlicher bunt gekleideter Mann" Hameln im Jahr 1284 von einer Rattenplage erlöst. Mit einer Pfeife führte er die Biester aus der Stadt und ließ sie in der Weser ersaufen. Nun hat Hameln wieder ein Rattenproblem. Die Nager hätten sich dort in diesem Jahr "explosionsartig vermehrt", sagt Stadtsprecher Thomas Wahmes.

Einen wunderlich bunt gekleideten Mann mit Flöte würde Thomas Wahmes nicht einstellen. (Foto: Foto: oH)

SZ: Herr Wahmes, braucht Hameln jetzt wieder einen Rattenfänger?

Wahmes: In der Tat. Aber im Unterschied zu damals ist die Stadt nicht komplett von Ratten befallen, es geht um einen Problembereich am Rande der Stadt, ein verwildertes Kleingartengelände. Dort liegt viel Müll herum, das ist wie ein gedeckter Tisch für die Ratten. Allerdings hat ein angrenzendes Neubaugebiet auch schon Probleme mit Ratten.

SZ: Wenn sich nun ein wunderlich bunt gekleideter Mann bei Ihnen bewirbt, stellen Sie ihn ein?

Wahmes: Nein! Auf einen Rattenfänger, der Flöte spielt, würde ich nicht hereinfallen. Wir haben außerdem schon einen Rattenfänger, und der wendet lieber sachgerechte Mittel an.

SZ: Wer ist dieser Rattenfänger, wie arbeitet er? Spielt er Holzblasinstrumente?

Wahmes: Nein, das ist ein seriöser Mitarbeiter des Betriebshofes der Stadt. Er benutzt 40 Fallen mit vergifteten Ködern. Wir müssen da etwas tun und die Sache ernst nehmen, denn so eine Rattenpopulation wächst leider ziemlich schnell. Noch gilt die Stadt allerdings als "befallsarm", wie das offiziell heißt.

SZ: Einerseits bekämpfen Sie Ratten, andererseits versucht Hameln, mit der Rattenfänger-Sage Touristen anzulocken. Wie passt das zusammen?

Wahmes: Hameln lebt gut mit und von der Rattenfänger-Sage, das ist richtig. Es gibt Rattenfänger-Gästeführungen, Rattenfänger-Freilichtspiele und das Musical "Rats". Und im nächsten Jahr veranstalten wir ein großes Fest zum 725-jährigen Jubiläum der Sage.

SZ: Sagenhaft. Sagen Sie, könnte die Rattenplage nicht eine sehr geschickte PR-Kampagne zum 725-jährigen Jubi...

Wahmes: Nein! Es ist kein Bestandteil einer PR-Kampagne, ganz sicher nicht. Obwohl die Telefone im Rathaus wirklich nicht mehr stillstehen, seit unsere Rattenplage bekannt ist.

SZ: Mögen Sie Ratten eigentlich?

Wahmes: Persönlich bin ich froh, wenn ich sie nicht sehen muss. Aber für Hameln sind sie schon wichtig. Mir wäre es jedenfalls lieber, wir bekämen die Ratten bis zum Jubiläum der Rattenfänger-Sage im nächsten Sommer in den Griff.

© SZ vom 19.11.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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