Glamorama:Ich werd' mal Youtuber

Lesezeit: 1 min

Wenn Kinder von Berufswünschen wie Feuerwehrmann Abstand nehmen, muss das nichts schlechtes sein. Als Youtuber kann man auch was werden.

Von Verena Mayer

Wer derzeit in der Welt der Promis unterwegs ist, bemerkt auf den roten Teppichen immer mehr Leute, die einen entweder an unausgeschlafene WG-Mitbewohner, anstrengende jüngere Schwestern oder die eigenen heranwachsenden Kinder erinnern. Stars also, die vorne im Geburtsjahr schon mal eine Zwei haben und denen man nie direkt in die Augen gucken kann, weil sie ständig auf ihr Smartphone starren. Was sie machen, weiß man nicht so genau, nur, dass sie ihren Glamour einer ganz bestimmten Tätigkeit verdanken. Sie sind Youtuber.

Dass man an dem Phänomen nicht vorbeikommt, weiß man spätestens seit vergangenem Jahr, als der Berliner Youtuber LeFloid alias Florian Mundt mit schlabberigem T-Shirt und schwarzem Käppi im Kanzleramt saß und Angela Merkel eine halbe Stunde lang Fragen stellen durfte, zu Europa, TTIP oder Horst Seehofer. Und ob sie auch mal schlechte Laune habe (Antwort Merkel: "Ein Tag ist fröhlicher, ein anderer Tag weniger."). Inzwischen hat nun selbst eine altehrwürdige Institution wie das amerikanische Wirtschaftsmagazin Forbes diese neue Berufsgruppe auf ihrem Zettel beziehungsweise auf einer ihrer Listen der mächtigen und einflussreichen Menschen dieser Erde. Seit einem Jahr reiht Forbes nämlich nicht nur Staatenlenker, globale Konzerne oder Superreiche, die in der Regel die Öffentlichkeit scheuen wie Beauty-Bloggerinnen die Printmedien. Sondern auch "die bestbezahlten Youtuber der Welt".

Die Namen auf der aktuellen Liste dürften vielen, die älter sind als 16, eher wenig sagen. An der Spitze liegt bislang mit geschätzten 15 Millionen US-Dollar Jahreseinkommen der Schwede PewDiePie, bürgerlich Felix Arvid Ulf Kjellberg. Gefolgt wird er von Roman Atwood aus den USA und Lilly Singh aus Kanada, ihr Geld verdienen sie allesamt mit Werbung oder Merchandising-Geschäften. Deutsche Youtuber stehen noch auf keiner Forbes-Liste, anders als übrigens Angela Merkel (Nummer eins der mächtigsten Frauen der Welt). Dennoch können nun alle Eltern aufatmen, deren Ziel es ist, dass ihre Kinder etwas Ordentliches lernen und einen anständigen Beruf ergreifen. Denn was sagen viele Kinder und Jugendliche heute auf die Frage, was sie einmal werden wollen (bitte gerne zu Hause ausprobieren)? Groß und stark? Pilot oder Prinzessin, Feuerwehrmann oder Kanzlerin? Nein, viele Kinder und Jugendliche antworten darauf nur mit einem einzigen Wort: Youtuber. Und wie man sieht, ist das nun wirklich ein anständiger Beruf.

© SZ vom 10.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: