Glamorama:Ich bin Papst

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Lena Bröder, die aktuelle Miss Germany, schenkte dem Papst ihr Buch "Das Schöne in mir". Selbstmarketing bei einer Audienz beim Pontifex - das ist typisch für Prominente.

Von Friederike Zoe Grasshoff

Es ist nicht immer schön, wenn andere einem etwas schenken. Kinder lernen das schon früh und handeln nur konsequent, wenn sie das Secondhand-Smartphone auspacken, heulen und sich fragen, was für ein Typ dieser Weihnachtsmann eigentlich ist. Bei Erwachsenen hingegen ist Haltung gefragt. Die Kollegen aus der Abteilung Idiotie und Ignoranz beleidigen einen seit kurz nach Kriegsende mit Du-bist-langweilig-Kulis? Der schlechteste Freund überreicht einen Machen-wir-bald-mal-Gutschein? Da hilft nur: atmen, lächeln, hassen.

Noch entwürdigender als der Subtext-Affront ist jedoch das Ich-Geschenk, also: selbstgemalte Aquarelle, hausgemachtes Chutney oder anderweitig geizig-geistige Ergüsse, die einzig den selfiehaften Sinn haben, den Schenkenden gut da stehen zu lassen. Allen Sterblichen sei an dieser Stelle Beileid ausgesprochen, aber denken wir doch mal größer, denken wir an den Papst. Niemand sonst muss so viele Selbstmarketing-Geschenke entgegennehmen wie Franziskus: eine Jogginghose von Diesel-Gründer Renzo Rosso (2014), die Doktorarbeit des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche (2016), zwei Harley Davidsons von Harley Davidson (2013). Niemand sonst muss so viel Haltung wahren wie Franziskus. Und dann kam diese Woche auch noch die amtierende Miss Germany und Religionslehrerin Lena Bröder, 26, bei der Generalaudienz auf dem Petersplatz vorbei.

Aber was schenkt man jemandem, der lieber Fiat als Mercedes fährt und all die aufgedrängten Tandems, Panama-Hüte und Espresso-Maschinen vor anderthalb Jahren bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung versteigert hat? Klar, etwas super Persönliches, das sich garantiert nicht versteigern lässt: Bröders Buch, "Das Schöne in mir - Mit Glaube zum Erfolg". Herrin im Himmel, Product-Placement mit Papst? Wurde dafür nicht Twitter erfunden? Wir sprechen hier vom Pontifex Maximus, nicht von einem Reichweiten-Manager oder einem Teleshopping-Moderator. Da empfängt man im Vatikan nach 89 Jahren des Schönheitswettbewerbs erstmals eine Miss von Welt (okay: eine Miss Germany), mit der man fundiert über den Weltfrieden diskutieren könnte - und sie ist doch wie alle anderen Ego-Schenker, die lieber nehmen als geben: Er ist Papst, wir sind Papst, ich bin Papst.

Aber geschenkt. Der grundgütige Franziskus soll sich sogar für das Buch interessiert und zweimal den Titel auf Deutsch vorgelesen haben. Sagt die Miss. Vielleicht war Franziskus aber auch einfach froh, dass er nicht wieder ein signiertes Bayern-München-Trikot oder den Kalender der Stadt Boppard zur Lektüre bekam, was ja auch schon vorgekommen ist. Nein, da stand eine Frau, rein und gütig, Religionslehrerin, schön von innen wie von außen. Kein Protz, nur Prosa. Und als es nicht mehr hätte schöner werden können, wurde am Donnerstag ein scheuer Tiger beim Papst vorstellig, angereist mit Zirkusleuten zu einer Audienz. Und der Papst dachte: Das wäre mal ein Geschenk! Und Gott sah, dass es nun wirklich mal gut war.

© SZ vom 18.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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