Glamorama:Grün-grüne Botschaften

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Menschen hinterlassen gerne Spuren für die Nachwelt, Prominente machen dies besonders gerne auf dem Feld der Botanik. Nun hat Winfried Kretschmann einen Kaktus getauft - auf den Namen Winfried Kretschmann.

Von Verena Mayer

Wenn es darum geht, der Nachwelt Spuren von sich zu hinterlassen, tun berühmte Menschen ja die irrsten Dinge. Sie stellen Pyramiden in die Landschaft, wollen in gläsernen Särgen aufgebahrt werden oder bauen sich protzige Tower ins Zentrum von New York. Besonders verbreitet ist der Wunsch, ein Gewächs nach sich benennen zu lassen. Kaum ein botanischer Garten auf der Welt, in dem man nicht auf unzählige Namen von Prominenten stößt. Es gibt eine Angela-Merkel-Orchidee in Singapur, eine Lobelie wurde nach Königin Victoria benannt, und eine neu entdeckte Farnart in den USA heißt Lady Gaga. Besonders beliebt ist natürlich die Königin der Blumen, die Rose. Heidi Klum, Ingrid Bergman und Lady Diana haben eine, selbst nach Konrad Adenauer und Helmut Kohl wurden Rosensorten benannt. Man kann das verstehen. Blumen sind schön, jeder mag sie. Da hinterlässt man als Politiker wirklich blühende Landschaften.

Diese Woche hat nun auch der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann von den Grünen eine Pflanze auf seinen Namen getauft. Genauer gesagt die "Cylindropuntia imbricata", besser bekannt als Feigenkaktus. Die Idee hatte ein Kakteenzüchter aus Horb am Neckar. Er hat einen Kakteengarten mit Hunderten Exemplaren; den Kaktus, der jetzt Winfried Kretschmann heißt, brachte er in einem langen Ausleseverfahren in seine jetzige Form. Drahtig und mit bürstenartigen gelben Stacheln.

Nun weiß jedes Kind, dass man besser keine Kakteen verschenkt oder nur an Leute, die man nicht mag. Man kommt ja auch nicht mit Messern oder Scheren als Präsent an. In Teilen Süddeutschlands ist "Ohrwaschelkaktus" sogar ein Schimpfwort. Als Spitzenpolitiker ist man also entweder extrem selbstironisch veranlagt, wenn man sich ein Gewächs widmen lässt, dessen stoppelige Widerhaken nicht nur eine entfernte Ähnlichkeit mit der eigenen Frisur haben. Oder man sieht die Symbolkraft, auch das Pflanzliche ist schließlich politisch. Als Kretschmann seinen Kaktus fachgerecht mit Gartenhandschuhen, Schäufelchen und Pinzette eintopfte, erinnerte er daran, wie die Grünen vor 36 Jahren in den Landtag einzogen. Dem damaligen CDU-Regierungschef Lothar Späth schenkten sie als Erstes einen Kaktus. Er sollte für den Stachel der Grünen im Fleisch der Politik stehen. Das mag sein, allerdings hat ein grüner Kaktus meist schmale, abstehende Auswüchse, die aussehen wie hochgereckte Finger. Und der Stinkefinger ist inzwischen doch eher das Symbol der Sozialdemokraten geworden.

© SZ vom 20.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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