Gesunkener Fischkutter:Der Tod kam in Sekunden

Lesezeit: 2 min

Wie von Geisterhand war ein französischer Fischkutter in die Tiefe gezogen worden. Ein Atom-U-Boot soll es versenkt haben.

Gerd Kröncke

Einen SOS-Ruf hatte Kapitän Yves Gloaguen noch absetzen können. "Kommt, kommt schnell, wir kentern!", rief er ins Mikrophon. Als kaum zwanzig Minuten später die ersten Fischer an der Unglücksstelle 25 Seemeilen vor Cap Lizard an der Südküste Cornwalls eintrafen, war von der "Bugaled Breizh" nichts mehr zu sehen.

Der tote Kapitän und die Leiche eines anderen Fischers trieben, mit dem Kopf nach unten, auf dem Wasser. Die insgesamt fünfköpfige Besatzung hatte keine Chance gehabt. Die See war nicht einmal übermäßig bewegt gewesen. Wie von Geisterhand war das Schiff an den eigenen Netzen in die Tiefe gezogen worden. Es war eine Sache von 37 Sekunden, wie Experten später vermuteten, andere sprachen gar von nur 24 Sekunden. Es war am Donnerstag, dem 15. Januar 2004, zur Mittagszeit, als die Fischer aus dem bretonischen Loctudy den Tod fanden. Seither kämpfen ihre Angehörigen vergeblich um die Aufklärung des Unglücks.

Die Affäre dümpelt nun von Jahr zu Jahr dahin, inzwischen gibt es einen anderen Präsidenten in Frankreich und einen neuen Verteidigungsminister. Auch die Untersuchungsrichter in Quimper in der Bretagne haben gewechselt. Nach der Bergung des Wracks hatten sie hartnäckig die These eines Zusammenstoßes mit einem Containerschiff verfolgt, obwohl das Unglücksschiff nur unten am Kiel beschädigt war.

Doch diese Woche hat ein Marine-Experte bestätigt, was die Angehörigen immer vermutet haben: Das Unglück der "Bugaled Breizh" ist von einem Unterseeboot verursacht worden. Die Expertise des pensionierten französischen U-Boot-Offiziers Dominique Salles, den die Untersuchungsrichter bestellt haben, geht noch weiter.

"Er ist fest davon überzeugt, dass nur ein Atom-Unterseeboot in Frage kommt", sagt der Anwalt der betroffenen Familien, der das Gutachten einsehen durfte. Kein anderes Boot sei in der Lage, die 24 Meter lange "Bugaled Breizh" so schnell herabzuziehen. Damit wäre der Kreis der Verdächtigen eingegrenzt: Nur vier Länder - Großbritannien, Russland, die USA und Frankreich - verfügen über solch starke U-Boote. Die Richter wollen nun die Farbreste an den Seilen der Netze auf Titanspuren untersuchen lassen, weil sich Titan in der Farbe findet, mit der U-Boote gestrichen werden.

Der Tod von Fischern auf hoher See ist normalerweise wenig sensationell, ihr Handwerk ist lebensgefährlich. Aber der Untergang der "Bugaled Breizh" ist längst zu einem Politikum geworden. Schon von Anfang an hatten die Fischer den Verdacht, dass ein Kriegsschiff den Unfall verursacht haben könnte. Der Unglückstag war ein Donnerstag - donnerstags finden traditionell Manöver der Royal Navy im Ärmelkanal statt. Aber auch Kriegsschiffe anderer Nationalität, über und unter dem Wasser, könnten im Seegebiet vor Cornwall gewesen sein.

Ob ein britisches oder französisches Atom-U-Boot in den Fischereizonen operiert hat, ließe sich schnell klären, alles hängt von der Kooperationsbereitschaft der militärischen Stellen ab. Russen oder Amerikaner sagen sowieso nichts, doch auch die Auskunftsfreude der französischen Marine tendiert gegen null. In Loctudy im Département Finistère, wo jeder jeden kennt, hoffen die Menschen gegen alle Erfahrung, dass sie nun endlich Klarheit über das Schicksal der "Bulaged Breizh" finden. Françoise Jolivet, die Schwester des Kapitäns Yves Gloaguen, hat an den Präsidenten appelliert. "Monsieur Sarkozy ist der Einzige, der uns noch helfen kann."

© SZ vom 02.08.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: