"Friederike":"Orkan der Königsklasse"

Lesezeit: 1 min

Umgehauen: In Wernigerode in Sachsen-Anhalt blockiert ein Baum die Fahrbahn. Nach Friederike hat das große Aufräumen begonnen. (Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa)

Der Wintersturm hat mindestens 500 Millionen Euro Schaden angerichtet - und das sind nur die Fälle, bei denen eine Versicherung besteht. Es ist noch lange nicht aufgeräumt.

Friederike war einer der stärksten Stürme seit Kyrill, der vor genau elf Jahren über Deutschland fegte. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) sprach von einem "Orkan der Königsklasse" mit Spitzengeschwindigkeiten von 203 Kilometern pro Stunde auf dem Brocken. Mindestens acht Menschen starben.

Nach der bundesweiten Einstellung des Fernverkehrs nahm die Deutsche Bahn am Freitag den Betrieb wieder auf, alle Metropolen waren erreichbar. Die Fahrgäste mussten sich aber weiter auf "erhebliche Einschränkungen" einstellen, vor allem in den besonders vom Sturm betroffenen Landesteilen wie Nordrhein-Westfalen. Am Wochenende soll der Schienenverkehr wieder weitgehend normal verlaufen. Allein die Bahn sprach von Millionenschäden am Schienennetz, bei mehr als 200 beschädigten Streckenabschnitten. Im Osten Deutschlands waren am Freitag noch Tausende Haushalte ohne Strom. Wie der Netzbetreiber Mitnetz Strom mitteilte, betraf dies etwa 14 000 Kunden in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg. Teilweise konnten die Mitarbeiter die Leitungen und Anlagen noch nicht erreichen, weil Straßen und Waldgebiete blockiert oder gesperrt waren. Nach dem Abzug des Sturms machten vor allem dem Norden noch Schnee und Glatteis zu schaffen, es gab zahlreiche Unfälle.

Aus Sicht der Versicherungswirtschaft zählt Friederike zu den mittelschweren Unwettern. Der Versichererverband GDV schätzt die versicherten Schäden auf 500 Millionen Euro. Das Kölner Unternehmen Meyerthole Siems Kohlruss (MSK), das Versicherer in mathematischen Fragen berät, geht von 800 Millionen aus. Damit liegt Friederike bei den Schäden deutlich unter dem Orkan Kyrill, der mehr als zwei Milliarden Euro Schaden verursacht hatte. "Meteorologisch war Friederike so etwas wie ein schlanker Kyrill", sagt der Versicherungsmathematiker Onnen Siems von MSK. "Das Sturmfeld fiel enger aus und der Sturm zog schneller durch."

Für die Häufung von schweren Stürmen in Deutschland seit September macht der DWD eine seit dem Herbst vorherrschende Westwetterlage verantwortlich. Dabei ziehen Tiefdruckgebiete in rascher Abfolge vom Nordatlantik über die Nordsee nach Südskandinavien und beeinflussen mit ihren Ausläufern Mitteleuropa. An ihrer Südflanke bilden sich bei großen Temperaturgegensätzen immer wieder Randtiefs, die sich dann zu Sturmtiefs entwickeln können.

© SZ vom 20.01.2018 / Anne-Christin Gröger, AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: