Freiburger Kulturbörse:Die Spaß-Messe

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Kabarettunterhaltung mit Sprungbrettcharakter: Auf der Freiburger Kulturbörse veräußern sich Kleinkünstler.

Thomas Becker

Es ist einfach vorherzusagen, was gleich am Messestand 2.8.41 in Halle 2 passieren wird: Die Agentur Alexia Agathos wird in den nächsten Minuten richtig zu tun bekommen. Gerade hat Rene Marik, einer ihrer Künstler, seinen Kurzauftritt beendet, ist von mehr als 700 Zuschauern mit Jubelstürmen verabschiedet worden - und dürfte nun innerhalb der nächsten Stunde für den Rest des Jahres ausgebucht sein.

Wer das niederländische Konzertduo "Stenzel & Kiwits" bei seinem Auftritt auf der Freiburger Kabarett-Messe lustig findet, der darf es gleich buchen. (Foto: Foto: dpa)

Zahllose Veranstalter werden von der Theaterbühne zu Stand 2.8.41 eilen und den Berliner Puppenspieler mit seinem blinden Maulwurf und dem Frosch Herr Falkenhorst für ihre Bühne buchen. Martina Schwarzmann, die Kabarettistin mit der Gitarre und dem losen bayerischen Mundwerk, bekam vor zwei Jahren nach ihrem Kurzauftritt 120 Folgeaufträge. Herzlich Willkommen auf der Internationalen Kulturbörse Freiburg!

"Fachmesse für Bühnenproduktionen und Musik" hieß es in den vergangenen Tagen - eine Spur zu technisch - im Untertitel. Was drei Tage lang am Freiburger Messegelände stattfand, war etwas sehr Haptisches: eine Art kultureller Fleischbeschau, Kleinkünstler zum Anfassen - und zum Bestellen. 120 Künstler aus 15 Nationen traten von morgens um zehn bis nachts um elf zehn bis 30 Minuten lang auf, während 300 Aussteller in der Halle nebenan ihr Künstler-Portfolio präsentierten und Terminkalender wälzten. Der Schwerpunkt lag auf Kabarett, Comedy und Figurentheater, seit ein paar Jahren hat man auch für Straßentheater und Musik eigene Kategorien.

Zum 20. Mal organisierte Holger Thiemann die Kulturbörse, zunächst für das Kulturamt der Stadt, nun für die Messegesellschaft. Am Anfang traf man sich in der kuscheligen Atmosphäre des Bürgerhauses im Seepark, vor sieben Jahren folgte der Umzug in den Messebau, wo Plakate das Übliche ankündigen: Gebäude-Energie-Technik-Messe, Südbadische Gebrauchtwagen-Verkaufsschau, Trau - die Hochzeitsmesse.

Es war einfach zu eng geworden im Seepark. Statt 50 Künstlern traten diesmal 120 auf; 450 bewarben sich per Video, eine Jury wählte drei Tage lang aus. Der Veranstaltungskatalog ist von 20 Seiten auf 480 gewachsen, der Etat von 10.000 Mark auf einen sechsstelligen Euro-Betrag. Geblieben ist der Sprungbrettcharakter: "Es gibt viele, die mir heute noch um den Hals fallen", sagt Thiemann. Damals Namenlose zählen heute zu den Großen der Branche: Anke Engelke, Dieter Nuhr, Michael Mittermeier, Django Asül, Kaya Yanar, Kurt Krömer, Hagen Rether.

210 Euro muss ein Künstler für seinen Kurzauftritt auf der großen Bühne zahlen - wenig Geld, wenn seine Performance ankommt und entsprechende Buchungen folgen. "Es kann aber auch in die Hose gehen, und dann hat man auf Jahre keine guten Karten", erzählt ein Agent. "Du musst schon aufpassen, wie weit du bist." Ein Kabarettist, der morgens um halb elf als Erster ran musste, erwischte keinen guten Tag, hatte dazu noch Probleme mit der Technik: "Völlig abgestürzt", meint Kollege Josef Brustmann.

Auch das Münchner Musiker-Duo "Unsere Lieblinge" hat vor Jahren zwiespältige Erfahrungen gemacht: "Unser Auftritt war super, doch mehr als zwei Buchungen sprangen nicht dabei heraus." Trotzdem sind sie wieder dabei, treten jedoch nicht auf - die Auftragslage ist mittlerweile prächtig. Sie unterstützen Kollegen, bauen den Stand mit auf und verabreden sich für den Abend: Webers Weinstube, geöffnet bis vier Uhr nachts.

Gondoliere auf Rädern

Dem Besucher bietet die Kulturbörse tagsüber stets ein buntes Bild. 30 Euro kostet die Tageskarte, doch weniger als fünf Prozent sind "normale" Besucher; der große Rest ist Fachpublikum, das mit merkzettelgespicktem Katalog von Auftritt zu Auftritt schlendert. Die Theaterbühne ist derart gefragt, dass manchmal die Sitzplätze nicht ausreichen. Im Foyer haben die Straßenkünstler ihren Platz. Die "Beefcake Boys" jonglieren zu klassischer Musik - in bunten Unterhosen. Stelzen-Läufer staksen zwischen den Messeständen herum, ein Gondoliere auf Rädern lädt zu Freifahrten ein. Auch Seminare wurden diesmal angeboten: "Steuerfallen für Künstler und Veranstalter" und "Natürliche Akustik in der professionellen Beschallung". Großes Theater.

© SZ vom 28.01.2008/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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