Fahndung nach Kinderschändern:Interpol will verstärkt Internet einsetzen

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Das Beispiel eines in Thailand festgenommenen Kanadiers macht bei Interpol Schule: Die Ermittler wollen verstärkt interaktiv nach mutmaßlichen Kinderschändern suchen.

Auf der Suche nach Kinderschändern will die internationale Polizeiorganisation Interpol auch weiter auf die weltweite Öffentlichkeit setzen. Interpol-Präsident Jackie Selebi sagte der Nachrichtenagentur AFP, auf der Jahreshauptversammlung der 144 Mitgliedstaaten in Marrakesch sei diese Maßnahme am Montag mit 115 Ja-Stimmen verabschiedet worden.

Mit der Veröffentlichung dieses verfremdeten Fotos im Internet konnte Interpol den Kinderschänder Christopher N. in Thailand fassen. (Foto: Foto: Reuters)

Als Präzedenzfall gilt die Festnahme eines Kanadiers in Thailand im Oktober, dessen Foto weltweit per Internet verbreitet worden war. Die Bilder hatte der Mann selbst verschlüsselt ins Web gestellt, BKA-Experten konnten jedoch sein Gesicht entzerren.

Das Einschalten der Öffentlichkeit sei ohne jede Gegenstimme verabschiedet worden, sagte Selebi. Einigkeit habe es auch darüber gegegeben, dass dem Schutz der Opfer Vorrang eingeräumt werden müsse. Fotos würden also nur dann im Internet verbreitet, wenn die Opfer darauf nicht identifiziert werden könnten.

Bei den Beratungen über das Vorgehen gegen Pädophile hatten den Angaben zufolge einige hochrangige Interpolvertreter Bedenken an dem Einsatz der Methode geäußert. Sie fürchteten, wenn die neuen technischen Möglichkeiten bekannt würden, könnte dies Straftäter zu neuen Tricks beim Verbergen ihrer Identität verleiten.

Ein europäischer Delegierter sagte, die Veröffentlichung von Fotos der Pädophilen könne außerdem die Gesuchten in den Selbstmord treiben oder Lynchjustiz aufgebrachter Bürger provozieren. Doch Interpol-Generalsekretär Ronald Noble machte geltend, dass die Vorteile der Methode die Nachteile bei weitem aufwögen.

Der 32-jährige Kanadier Christopher Paul N. war am 19. Oktober in Thailand in Haft genommen worden. Elf Tage zuvor war sein Foto ins Internet gestellt worden. N. hatte 200 Fotos, die ihn mit digital unkenntlich gemachtem Gesicht beim Missbrauch minderjähriger Jungen zeigten, ins Internet gestellt.

Die wiederhergestellten Bilder des Kanadiers waren vor dem Appell an die Öffentlichkeit weltweit den Polizeidiensten mit der Bitte um Identifizierung übermittelt worden, jedoch ohne Ergebnis. Nach dem öffentlichen Aufruf gingen 350 Hinweise aus fünf Kontinenten ein. Nach nur drei Tagen wusste Interpol, wer der Mann war.

Noble wies auch darauf hin, dass nach dem öffentlichen Aufruf innerhalb von 24 Stunden weltweit 12.000 Medienberichte zu dem Fall verbreitet worden seien. Die Polizeiorganisation hat eine Datenbank mit 520.000 Bildern von Kindesmissbrauch, die von den Mitgliedstaaten zusammengetragen wurde. Es gebe bereits mehrere Fälle, bei denen Appelle an die Öffentlichkeit in Frage kämen, hieß es auf der Jahresversammlung.

© AFP/cag/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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