Explosion in New York:Feuer, Rauch und Selfies

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Eine schwere Gasexplosion erschüttert die Stadt New York. Mindestens 19 Menschen werden verletzt.

Von Kathrin Werner, New York

Am nächsten Morgen sprühen sie noch immer Wasser auf die Ruinen. Da, wo gestern noch Häuser standen, mehr als hundert Jahre alt, klaffen Lücken, stapeln sich Berge aus Brettern, Schutt und Asche. Bagger, Feuerwehrautos und Polizisten versperren die Sicht auf die Unglücksstelle.

Die Explosion war meilenweit zu hören, der Schall schwingt noch im Magen nach. Um etwa 15.17 Uhr am Donnerstagnachmittag dröhnt ein Knall durchs New Yorker East Village. Menschen schreien auf der Straße. Rauch steigt auf aus einem schmalen Rotklinkerbau auf der Second Avenue. Ein Mann läuft weg, er blutet im Gesicht. Feuerwehrautos fahren vor, Krankenwagen, Polizei. Auf der gesamten Straße, einer Hauptverkehrsader mitten in Manhattan, bildet sich Stau. Die Stimmung ist angespannt: "Lass die Feuerwehr durch, du verdammter Idiot", schreit ein Polizist und haut auf die Motorhaube eines Taxis.

Ursache für das Drama war offenbar eine Gasexplosion. Mindestens 25 Personen seien verletzt, heißt es, vier von ihnen schwer. Zwei Menschen, einer von ihnen ein junger Mann, der in einem Restaurant im Erdgeschoss zum Mittagessen verabredet war, wurde bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch vermisst. In den betroffenen Gebäuden in der Second Avenue befanden sich Dutzende Wohnungen, ein Nagelstudio, eine Boutique, ein Pommes-Laden und zwei japanische Restaurants. Erst vor einem Jahr waren zwei Wohnhäuser in Harlem nach einer Gasexplosion eingestürzt, acht Menschen starben damals.

Erst nach Stunden gelingt es der New Yorker Feuerwehr, den Brand in der Second Avenue unter Kontrolle zu bringen. (Foto: Andrew Burton/AFP)

Laut Bürgermeister Bill de Blasio wurden in einem der Häuser im East Village nur wenige Stunden vor der Explosion noch die Gasanlagen gewartet. Ein Inspektor des Gasversorgers Conedison sei vor Ort gewesen und habe die Technik bemängelt. Nun sind zeitweise mehr als 250 Rettungskräfte bei den Löscharbeiten im Großeinsatz.

Die Gegend unweit des Washington Square gilt bei Nachtschwärmern als beliebtes Szeneviertel mit vielen Bars und Restaurants. Die Backsteingebäude mit eisernen Feuertreppen gehören zu den ältesten der Stadt. Vor vielen Jahrzehnten war das die deutscheste Ecke New Yorks und als "Kleindeutschland" bekannt. An einem der Nachbarhäuser findet sich noch die deutsche Aufschrift: "Freie Bibliothek und Lesehalle".

Und jetzt sieht man nur Rauch und Flammen an der Häuserfront. Augenzeugen berichten, wie Menschen aus den Fenstern kletterten und sich über die Feuerleitern auf die Straße retteten. Die Feuerwehr fährt eine riesige Leiter aus mit einem Korb, ein Feuerwehrmann schafft den Sprung aus dem Fenster und in den Korb nur in letzter Sekunde. Schwarzer Rauch steigt in den grauen New Yorker Frühlingsnebel. Asche beginnt sich in den Nieselregen zu mischen. Dicke Aschebrocken landen auf dem Bürgersteig.

Die Polizei riegelt einen Block nach dem anderen ab, was nicht einfach ist, viele Schaulustige sind damit beschäftigt, Fotos zu knipsen, oder von sich selbst vor dem Feuer - ein Selfie vorm brennenden Haus. "Wie bescheuert kann man sein, du stehst im Weg", ruft ein Polizist zu einer Frau vor dem Selfie-Handy.

Es dauert Stunden, bis keine Flammen mehr aus dem Gebäude aufsteigen. Erst um halb sieben lichtet sich langsam der Rauch.

© SZ vom 28.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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