Exorzismus:"Es war Gottes Wille, dass sie starb"

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Mittelalter in Europa: Drei Tage quälten ein rumänischer Priester und vier Nonnen eine schizophrene Novizin, banden sie an ein Holzkreuz und ließen sie sterben - um böse Geister auszutreiben. Nun wurden sie festgenommen. Doch Einsicht zeigen sie nicht.

Die Staatsanwaltschaft wirft den Verdächtigen unter anderem Freiheitsberaubung, Folter und besonders schwerwiegenden Mord vor.

Der Prior, der offenbar kein Prior ist: Daniel Petre Corogeanu wird der Tod einer Novizin zur Last gelegt. (Foto: Foto: AP)

Sie sollen vergangene Woche im Kloster "Heilige Dreifaltigkeit" in dem Ort Tanacu an der Grenze zu Moldawien eine angeblich besessene Nonne bei einem Teufelaustreibungs-Ritual an ein Holzkreuz gekettet und mit einem Handtuch geknebelt haben.

Nach drei Tagen am Kreuz, in denen die 23-Jährige weder Nahrung noch Wasser bekam, war die junge Frau gestorben. Sollten die "Exorzisten" in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen werden, drohen ihnen bis zu 25 Jahre Haft.

Vor dem Gericht in der Kreisstadt Vaslui hatten sich am Donnerstag mehrere Hundert Menschen versammelt. Etwa die Hälfte der Demonstranten verteidigte die "Exorzisten", die anderen forderten härteste Bestrafung.

Eine ähnliche Stimmung herrscht auch im Dorf Tanacu, wo viele Bewohner in den vergangenen Tagen Nonnen und Prior in Schutz genommen und gegen die Polizei verteidigt hatten.

"Mittelalterliche Praktiken"

Die rumänische orthodoxe Kirche erlaubt so genannte Teufelsaustreibungen und sieht dafür präzise Rituale vor. Personen mit psychischen Leiden werden häufig als "vom Teufel oder von bösen Geistern Besessene" eingestuft.

Insbesondere bei der ländlichen Bevölkerung finden solche Praktiken Anklang. Sie werden in der Öffentlichkeit während besonderer Gottesdienste vorgenommen.

Mehrere Menschenrechts-Organisationen protestieren mittlerweile gegen diese "mittelalterlichen Praktiken", die die Menschenwürde verletzten.

Prior zeigt keine Reue

Die Führung der orthodoxen Kirche verurteilte den Teufelsaustreibungs-Fall in Tanacu. Den vier Nonnen und dem Prior wurden jeglicher kirchlicher Status aberkannt. Dabei stellte sich heraus, dass der Prior gar nicht rechtmäßig zum Klosterprior in Tanacu geweiht worden war.

Dieser zeigte keinerlei Reue: "Es war Gottes Wille, dass sie starb. Ihr versteht das nicht. Sie war von bösen Geistern besessen. Jetzt ist sie im Paradies. Aus geistlicher Sicht haben wir das Richtige getan." Er beschuldigte die Medien, den Fall hochgespielt zu haben.

Untersuchung auch gegen Ärzte

Die junge Frau war in einem Waisenheim im westrumänischen Arad aufgewachsen und drei Monate zuvor auf Besuch zu einer Freundin ins Kloster Tanacu gekommen. Davor hatte sie zwei Jahre als Babysitter in Deutschland gearbeitet.

Der Klosterprior überredete sie zu bleiben. Bereits einen Monat später hatte sie erste Krisen. Sie wurde im Kreiskrankenhaus Vaslui untersucht, der ärztliche Befund lautete auf Schizophrenie.

Auf Verlangen der Nonnen entließen die Ärzte sie. Die rumänische Ärztekammer untersucht derzeit das Verhalten der Ärzte in diesem Fall.

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