Ein Anruf bei ...:Sylvia Bachofen, Schiffshorn-Liebhaberin

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Ruhig bleiben: Die Schiffe auf dem Zürichsee dürfen nur noch tuten, wenn Gefahr droht. (Foto: Mauritius)

Am Zürichsee dürfen Schiffe seit Kurzem nur noch tuten, wenn Gefahr droht - ein Anwohner hatte sich beschwert. Sylvia Bachofen, ebenfalls Anwohnerin, will das so nicht hinnehmen.

Interview von Charlotte Theile

Seit ein paar Jahren spricht man von first world problems, also Problemen, die nur haben kann, wer sorgenfrei ist: Hafer- statt Mandelmilch im Cappuccino, und beim Kosmetiker liegt die falsche Zeitschrift aus. In der Schweiz werden solche Beschwerlichkeiten ernster genommen als irgendwo sonst. Aktuelles Beispiel ist eine Geschichte vom Zürichsee. Seit Juli dürfen die Schiffe dort ihr Horn nur zum Einsatz bringen, wenn Gefahr droht. Das fröhlich-grüßende Hornen (Tuten) beim Einlaufen und Auslaufen am Landesteg ist verboten, ein Anwohner hatte sich daran gestört. Sylvia Bachofen, 85, ist ebenfalls Anwohnerin. Sie stört sich daran, dass das Horn nicht mehr zu hören ist. Die Frau, die ihr Bild nicht in der Zeitung sehen will, greift nun zu einer aufsehenerregenden Methode, um die Schiffe zum Tuten zu bringen.

Guten Morgen Frau Bachofen. Waren Sie heute schon im See?

Noch nicht, es regnet gerade ziemlich stark. Die Tasche ist aber gepackt und mein Sohn hat schon gefragt, ob ich komme. Wenn es später noch aufklart, werde ich eine kleine Runde drehen.

Und dabei möglichst nah an die Schiffe heranschwimmen?

Wenn sich eins zeigt, versuche ich das natürlich. Mein Ziel ist es, die Schiffe zum Hornen zu bringen.

Wieso das?

Aus Protest. Seit mehr als 50 Jahren freuen sich die Menschen über den Klang des Horns. Ich selber bin direkt am See aufgewachsen, habe hier Kindheit und Jugend verbracht. Das Geräusch gehört für mich einfach zum See. Es ist Heimat.

Ein Anwohner sah das anders.

Der Mann ist Rechtsanwalt und hat die Verordnungen studiert. Und was diese juristische Ebene angeht, hat er Recht. Das Signal ist in der Binnenschiffsfahrtsverordnung nicht vorgesehen. Das gilt für jeden Schweizer See. Ich sage Ihnen aber mal etwas: Der Mann war früher Kampfjetpilot, da hat er viel mehr Menschen mit Lärm belästigt. Und er wohnt gar nicht am Zürichsee! Er hat hier nur eine Zweitwohnung.

Sie ärgern sich.

Und wie. Ich sage Ihnen gerne auch Namen und Anschrift des Mannes.

Das ist nicht nötig. Sagen Sie mir lieber, was Ihnen das Horn bedeutet.

Besonders fehlt es mir, wenn ich in unserem Gärtchen am See bin. Da sehe ich dann ein Schiff vorbeiziehen und denke: Moment, wo kommt das denn jetzt her? Da fehlt der Gruß. Das finde ich dann schade.

Sie sind 85 Jahre alt. Dass Sie so oft schwimmen gehen und dann noch das Risiko einer Schiffskollision auf sich nehmen, ist bemerkenswert.

Im Winter bin ich im Hallenbad und im Fitnessstudio. Im Sommer, wenn der See so einladend ist, gehe ich gern hinein. Ich kenne mich hier so gut aus, dass ich keine Angst habe.

Sie hat das Horn in all den Jahren nie gestört oder erschreckt?

Jedes Schiff das anlegt oder abfährt, sendete bis vor ein paar Wochen einen Viertelsekundenton aus. Das stört doch nicht! Der Kapitän der Zürichsee-Schifffahrtsgesellschaft sagt auch, dass viele Gäste diesen kurzen, freundlichen Gruß vermissen. Manche applaudieren sogar, wenn sie das Horn jetzt doch einmal hören. Wobei: Der Gefahrenton, der zur Warnung ausgestoßen wird, der ist eigentlich etwas anderes. Der dauert vier Sekunden lang. Und eben diesen Ton bekommt man dank meiner Aktion jetzt häufiger zu hören.

Leiser ist es also am Zürichseeufer nicht geworden.

Nein. Wobei: Der andere ist ja vermutlich in seiner Erstwohnung im Bündnerland und hört das Horn so oder so nicht.

© SZ vom 01.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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