Ein Anruf bei...:Jeison Rodriguez

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"Das nimmt kein Ende." Der Venezolaner Jeison Rodriguez (hier mit Nichte) hat Schuhgröße 72 bis 73. (Foto: Carlos Garcia/Reuters)

Mit Größe 72 ist es schwierig, Schuhe zu finden - der Venezolaner mit den größten Füßen der Welt bekommt Hilfe aus Deutschland.

interview Von Boris Herrmann

Dieser Tage ließ die Meldung aufhorchen, ein Schuhmacher aus Vreden fertige seit längerem Treter für den 20-jährigen Jeison Rodriguez an, dessen Füße zu groß für handelsübliche Schuhe seien. Zeit für einen Anruf in Venezuela.

SZ: Herr Rodriguez, tragen Sie gerade Schuhe?

Jeison Rodriguez: Ja, die weißen. Ich besitze zwei Paare. Die schwarzen passen nicht mehr, das sind geschlossene Schuhe, da komme ich nicht mehr rein. Die weißen sind Sandalen, das geht besser.

Von welcher Schuhgröße reden wir?

Das müsste 66 sein, vor einem Jahr haben die noch gepasst. Inzwischen liege ich wahrscheinlich bei 72 oder 73.

Sie sind 20 Jahre alt - und Ihre Füße wachsen noch?

Ja, leider, das nimmt kein Ende.

Dafür stehen Sie im Guinness-Buch der Rekorde als Mann mit den größten Füßen der Welt. Ein bisschen stolz darf man da schon sein.

Mehr oder weniger. Ich kann mir dafür ja nichts kaufen.

Immerhin bekommen Sie nächste Woche neue Schuhe geschenkt. Von einem Schuhmacher aus dem Münsterland, der extra zu Ihnen nach Venezuela reist, um vier neue Paare zu übergeben.

Señor Wessels aus Deutschland! Ich bin beeindruckt, dass er diese Reise macht, für einen bescheidenen Venezolaner. Von ihm habe ich auch meine beiden Paare bekommen, die ich jetzt habe. Davor war ich meistens barfuß unterwegs.

Wie kam der Kontakt zustande?

Meine Cousine studiert in einer deutschen Stadt, die heißt . . . Odebuck, oder so ähnlich.

Sie meinen Oldenburg?

Kann sein, jedenfalls hat mir die Cousine erzählt, dass Señor Wessels ein Schuhgeschäft für Riesenfüße hat, und dann habe ich ihm Abdrücke geschickt.

In Venezuela herrscht eine dramatische Versorgungskrise, da sind Schuhe, die Sie brauchen, gewiss schwer zu kriegen.

Unmöglich, Señor! Als ich 2015 ins Guinness-Buch kam, stand plötzlich Präsident Nicolás Maduro vor meiner Tür. Er wollte ein Foto mit mir machen, dann sagte er, ich müsse meine Schuhe nicht aus Deutschland kommen lassen. Dafür könne auch der Staat sorgen. Danach habe ich nie wieder etwas von ihm gehört.

Sauerei!

Sie sagen es. Zumal ich in einem staatlichen Betrieb arbeite.

Was machen Sie?

Ich bin im Nationalen Institut für Transportwesen beschäftigt, für Mindestlohn. Ich habe große Schwierigkeiten, weil ich alle drei Wochen von meiner Heimatstadt Maracay nach Caracas reisen muss. Und ich passe ja in keinen Bus.

Wie groß sind Sie?

Gemessen an meiner Schuhgröße eher klein: 2,25 Meter. Aber ich bin trotzdem der größte Venezolaner, soweit ich weiß. Die Basketballer unserer Nationalmannschaft haben mal versprochen, mir Kleider und Schuhe zu schenken, aber als sie mich dann gesehen haben, war klar, dass mir ihre Sachen eh nicht passen.

Sie klingen fröhlich, dabei leiden sie unter Riesenwuchs, einer Krankheit, die unbehandelt tödlich verlaufen kann.

Mir geht es gut. Und jetzt freue ich mich auf die neuen Schuhe aus Deutschland.

Wissen Sie schon, wie Ihr neues Paar aussehen wird? Wieder schwarz oder weiß?

Ich bin anspruchslos. Wobei die weißen nicht so praktisch sind, wenn man wenig Auswahl hat. Die werden so schnell dreckig.

© SZ vom 13.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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