Ein Anruf bei ...:Claus Maywald, Tier-Erfinder

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Der Hangmümmler hat vier Beine, zwei Augen, zwei Hörner und ist frei erfunden. Gespräch mit seinem Schöpfer, der ihm sogar eine Evolutionsgeschichte aus alternativen Fakten angedichtet hat.

Interview von Susanne Höll

Fantasievolles Fabelwesen: So stellt sich Claus Maywald den Hangmümmler vor. (Foto: C. Maywald)

Claus Maywald ist Kurator, Buchdruckexperte, Ehemann einer promovierten Biologin und Vater von sieben fantasievollen Kindern. In seiner Freizeit hat er ein Tier erdacht, den Hangmümmler, mitsamt plausibler, aber in toto erfundenen Historie und gefälschten Artefakten. Maywalds Werk ist derzeit im Stadtmuseum im rheinhessischen Alzey zu besichtigen. Der Titel der Ausstellung: "Der kaukasische Hangmümmler. Die (fast) perfekte Lügengeschichte - ein Fälscher packt aus."

SZ: Herr Maywald, es gibt Drachen, Einhörner und den bayerischen Wolpertinger. Warum braucht die Welt einen Hangmümmler?

Claus Maywald: Weder braucht die Welt den Hangmümmler, noch er die Welt. Das Tier ist eigentlich ein Geschenk an meine Frau. Wir haben gemeinsam immer wieder überlegt und nachgedacht, welches Tier es hätte geben können, wenn die Umstände passend gewesen wären. Und kamen so auf den Hangmümmler.

Er wirkt wie eine Bergziege. Hätte es nicht ein Tier mit mehr Glamour sein können?

Ich wollte ein Tier erfinden, das tatsächlich hätte leben können. Wir haben gut zwei Jahre an dem Projekt gearbeitet. Und ich kann Ihnen sagen, alle Beteiligten hatten sehr viel Spaß, gerade auch der Tierpräparator, der das Modell geschaffen hat.

Eine Art kollektiver Schöpfungsakt?

Ja. Eine Art unterhaltsames Gesellschaftsspiel. Anspruchsvoll aber auch. Die Dinge mussten plausibel sein, biologisch, geschichtlich, ökologisch. Platter Quatsch interessiert mich nicht. Wir haben mit sehr vielen Hypothesen gespielt und eine stimmige Geschichte ersonnen, bis hin zu einer vermeintlich alten russischen TV-Dokumentation.

Ist das erfundene Tier Ihre Antwort auf US-Präsident Donald Trump und dessen Umgang mit Wahrheit und Erfindung?

Umgekehrt. Ich bin ihm beim Thema Alternative Fakten zuvorgekommen. Er hat, wenn man so will, von mir abgekupfert.

Hangmümmler als alternatives Faktum?

Natürlich geht es in der Ausstellung auch um den Umgang mit Fake News und die Verunsicherung der Menschen. Bei der Ausstellungseröffnung war das zu spüren. Die Leute wussten genau, dass das Tier mitsamt allen Artefakten und Geschichten erfunden war. Und manche fragten sich, ob die Redner und Ehrengäste bei der Vernissage tatsächlich diejenigen waren, als die man sie angekündigt hatte.

Was sollen die Besucher der Alzeyer Ausstellung als Erfahrung mitnehmen?

Ich wünsche mir, dass sie genauso viel Spaß haben, wie wir ihn hatten. Und dass die Menschen ins Nachdenken geraten, sich Gedanken machen, ob etwas stimmen kann oder nicht. Die Welt ist viel komplexer, als man gemeinhin denkt.

In der Ausstellung im Stadtmuseum Alzey werden gefälschte Objekte gezeigt. Zum Beispiel ein Flugblatt aus dem Jahr 1628. (Foto: C. Maywald)
© SZ vom 23.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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