Drama vor Libyen:Hunderte Flüchtlinge im Mittelmeer vermisst

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Tragödie vor der Küste Libyens: Auf dem Weg nach Italien sind mehrere Flüchtlingsboote gesunken. Es werden Hunderte Tote befürchtet.

Beim Untergang mehrerer Flüchtlingsboote vor der libyschen Küste sind vermutlich mehrere hundert Menschen ertrunken. In der Nähe von drei Bootswracks habe die Küstenwache mindesten 23 Leichen geborgen, berichtete die libysche Zeitung Oea am Dienstag. Mehr als 250 Passagiere der von Sidi Belal nahe der Hauptstadt Tripolis losgefahrenen Boote würden vermisst.

Ein Boot der italienischen Küstenwache bringt die geretteten Flüchtlinge an Land. (Foto: Foto: AP)

Ein viertes Boot mit mehr als 350 Flüchtlingen an Bord sei in der Nähe des vor der Küste gelegenen Ölfelds Buri in Seenot geraten. Die Küstenwache habe das Schiff aber in den Hafen von Tripolis schleppen und alle Passagiere retten können. Nach Angaben libyscher Behörenvertreter hatte eines der gesunkenen Boote 364 Menschen an Bord, obwohl es nur für 75 ausgelegt war.

"Keinerlei Sicherheitsausrüstung"

Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in Genf werden mehr als 300 Menschen vermisst und sind aller Wahrscheinlichkeit nach ertrunken. IOM-Sprecher Jean-Philippe Chauzy sagte, sie hätten wohl versucht, zur italienischen Insel Lampedusa zu gelangen. Von Überlebenden habe er keine Kenntnis. Ein IOM-Vertreter in Tripolis teilte mit, die libyschen Behörden hätten eine "Tragödie" bestätigt.

Chauzy sagte, die Boote seien weit draußen auf See gesunken. Deshalb hätten die Flüchtlinge nicht an Land schwimmen können. "Auf diesen Schiffen gibt es keinerlei Sicherheitsausrüstung, keine Bojen, keine Beiboote oder sonst irgendetwas - denn es geht darum, bei völliger Missachtung ihrer Sicherheit und Würde so viele Menschen wie möglich darauf zusammenzupferchen", fügte er hinzu. UN-Flüchtlingshochkommissar Antonio Guterres zeigte sich betroffen von dem Vorfall und wies darauf hin, dass momentan die "Schmuggel-Saison" am Mittelmeer beginne.

UN-Experten seien unterwegs, um die nach Libyen zurückgeschickten Flüchtlinge zu befragen, die mittlerweile in Internierungslagern in der Nähe von Tripolis festgehalten würden.

Nach IOM-Angaben ist seit Sonntagabend von Libyen aus bei heftigen Sandstürmen eine große Zahl von Flüchtlingen in See gestochen. Einige davon hätten Italien erreicht, einige seien abgefangen und zurück nach Libyen gebracht worden und einige wohl ertrunken, sagte eine IOM-Sprecherin. "Wir werden niemals genau erfahren, wie viele Menschen mit diesen Booten unterwegs waren, weil nie alle Leichen gefunden werden."

Der italienische Innenminister Roberto Maroni sagte am Montag, der Versuch der illegalen Einreise aus Libyen werde ab dem 15. Mai unterbunden, weil dann italienisch-libysche Patrouillen ihre Arbeit aufnehmen würden. Die beiden Länder hatten im vergangenen August ein "Freundschaftsabkommen" unterzeichnet, in dem Tripolis zusichert, seinen Kampf gegen die illegale Einwanderung nach Italien zu verstärken.

An den Küsten Italiens trafen im Vorjahr nach Angaben des Innenministeriums rund 36.500 Bootsflüchtlinge ein. Der Großteil von ihnen startete die gefährliche Reise über das Mittelmeer von Libyen aus. Oft geraten die überladenen Boote in Seenot und kentern.

© AP/dpa/Reuters/hai/woja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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