Die Olympiade der Weihnachstmänner:Rentier-Ringen und Päckchen-Schnellpacken

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Aus aller Welt kommen sie: Die gütigen Herren in rot-weiß. Bei den Winterspielen der Weihnachtsmänner treten sie in Nordschweden gegeneinander an. Diesmal siegte der englische Santa Claus.

Von Gerhard Fischer

Stockholm - Ein nordeuropäisches Rentier wiegt bis zu 150 Kilo. Im Tier-Lexikon "World of animals" steht außerdem geschrieben, dass die Afterklauen dem Rentier im Winter "feste Haftung in Eis und Schnee" verleihen. Da hat man als Weihnachtsmann natürlich Probleme, ein störrisches Rentier (lat.: rangifer tarandus) vom Fleck zu bewegen.

Zum Saisonstart tummeln sie sich wieder in den Fußgängerzonen. Doch nur die Elite unter den Weihnachtsmännern darf zu den Winterspielen in Schweden. (Foto: Foto: dpa)

Sven-Olof Tärnvall aus Västeras hat bei den Weihnachtsmann-Winterspielen ein Rentier zwar fangen können; aber als er es bändigen wollte, scheiterte er und fiel auf den Hintern. Das Tier trollte sich.

Im schwedischen Gällivare, etwa 100 Kilometer nördlich des Polarkreises, haben die "Winterspiele der Weihnachtsmänner" stattgefunden - mit mehr als 50 Teilnehmern aus Russland, Estland, Spanien, Frankreich, Dänemark, Finnland und Schweden.

Abseilen durch den Schornstein

Sie mussten nicht nur Rentiere bändigen wie Tärnvall, sondern auch möglichst schnell und schön Geschenke einpacken, sich durch einen engen Schornstein abseilen und Tretschlitten fahren.

Gewonnen hat der Engländer Ronald Horniblew vor einem spanischen und einem estischen Weihnachtsmann. Es hätte nicht viel gefehlt, und die hohe Sportpolitik hätte die Weihnachtsmänner gestoppt, bevor sie, vermutlich in ihren fliegenden Schlitten, nach Nordschweden aufbrechen konnten.

Der Veranstalter, die Folklore-Gesellschaft in Gällivare, hatte nämlich in einer europaweit verbreiteten Pressemitteilung "die Olympischen Spiele der Weihnachtsmänner" angekündigt. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat daraufhin besorgt beim nationalen Komitee in Schweden nachgefragt, was es mit dem Treiben in Lappland auf sich habe - und angeblich mit einer Klage "wegen des Missbrauchs eines Markenzeichens" gedroht.

Streit mit dem IOC

Das schwedische Komitee wandte sich rasch an die Gemeinde Gällivare, und dort verfasste man umgehend ein Entschuldigungsschreiben, das seinesgleichen sucht in der Geschichte von internationalen Winterspielen. Verfasst hat es Anders Ahl, der Pressesprecher der Kommune.

Er schrieb: "Auch wenn ich persönlich keine Verantwortung trage für das Zustandekommen, das Korrekturlesen und die Veröffentlichung des Textes (der Pressemitteilung, d. Red.), so will ich trotzdem im Namen der Gemeinde Gällivare um Entschuldigung bitten, wenn die Verbreitung des Textes über Europa für Verärgerung gesorgt hat bei den Menschen, die im nationalen schwedischen Komitee oder im IOC engagiert sind." D

ie Veranstaltung in Gällivare wurde rasch umbenannt in "tomtarnas vinterspel" ("Winterspiele der Weihnachtsmänner") und durfte stattfinden, gottlob.

Gütige Herren in rot-weiß

So war der 20000-Einwohner-Ort tagelang voller gütiger Herren, rot und weiß gekleidet und mit langen Bärten, und von Touristen, die die Männer beim Abseilen vom Schornstein sehen wollten.

Gällivares Wirtschaft hat sehr von den Weihnachtsmännern - und vom Langlauf-Weltcup - profitiert. Ein Hotel hat seine Preise um die Hälfte erhöht, Kaufhäuser haben "in fieberhafter Betriebsamkeit" ihre Schaufenster weit vor der Zeit weihnachtlich geschmückt, so die Zeitung Norrländska Socialdemokraten.

Es gab ein reiches Rahmenprogramm: ein Weihnachtsmarkt mit Brotbacken oder Eisfischen bei -20 Grad. Und Kinder durften mit den Weihnachtsmännern Schlitten fahren.

Elite der Weihnachtsmänner

Sie waren in bester Obhut, denn die Weihnachtsmänner gehören zur Elite dieser Gilde - geprüft und für gut befunden von der internationalen Weihnachtsmänner-Organisation, die ihren Aspiranten stets ein Jahr Probezeit auferlegt.

Wer bei den Winterspielen mitmachen wollte, musste gutherzig und fröhlich sein und von einem Kollegen empfohlen werden. Außerdem musste er nüchtern sein und durfte in Gegenwart von Kindern nicht nach Tabak oder Alkohol riechen.

Sonst schon.

© SZ vom 23.11.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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