Computer am Steuer:"Geister-U-Bahn" nimmt Fahrt auf

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Nürnberg bekommt Deutschlands erste fahrerlose, vollautomatische U-Bahn. Und damit wird alles besser, sagt die Stadt.

Am Steuer sitzt künftig der Computer. ATO nennen die Fachleute den "virtuellen Fahrer", der Deutschlands erste vollautomatische, fahrerlose U-Bahn in Nürnberg sicher durch den Untergrund bringen soll.

Halbierte Taktzeiten, kürzere Wendezeiten, geringerer Energieverbrauch und letztlich auch mehr Sicherheit - die Nürberger Verkehrsbetrieben schwärmen von der automatischen U-Bahn (Foto: Foto: dpa)

ATO steht für Automatic Train Operation (automatische Zugsteuerung): Damit beschleunigt der Zug, hält das Tempo, bremst und stoppt. Und ATO macht seine Sache bisher gar nicht schlecht, wie die ersten Testwochen im nächtlichen Spätverkehr gezeigt haben. Der Probebetrieb sei erfolgreich angelaufen, berichteten die Nürnberger Verkehrsgesellschaft VAG und der Siemens-Konzern bei einem Ortstermin in der Nacht zum Mittwoch.

100 Sekunden-Taktung

Im Frühjahr 2008, gibt sich Siemens-Projektleiter Georg Trummer überzeugt, wird die U-Bahn den regulären Betrieb auf der neuen Linie U 3 aufnehmen. Ende 2008 soll dann auch die bestehende konventionelle Linie U 2 umgerüstet sein. "Wir schaffen es", beteuert Trummer.

Rainer Müller, Technikvorstand der Nürnberger Verkehrsbetriebe VAG ist vom langfristigen Nutzen der automatischen Bahn überzeugt. Halbierte Taktzeiten von nur noch 100 Sekunden, Personaleinsparungen, kürzere Wendezeiten, flexiblerer Zugeinsatz, geringerer Energieverbrauch und letztlich auch mehr Sicherheit für die Fahrgäste - dies seien die Vorteile.

Damit nichts passiert, arbeiten umfangreiche Rechnersysteme zusammen. Die Türen sind mit besonderen Sensoren ausgestattet, Bahnsteige und Gleise werden mit einer Hochfrequenz-Überwachung und Videokameras ständig kontrolliert.

Zugführer werden zu Kundenbetreuern umgeschult

Fällt ein Mensch oder ein Gegenstand auf die Gleise, so werde im Bruchteil einer Sekunde automatisch eine Vollbremsung eingeleitet, versprechen die Betreiber. Bilder aus den Zügen und von den Bahnhöfen werden in die Leitstelle übertragen, wo Mitarbeiter vor großen Videowänden sitzen, das Geschehen im Untergrund verfolgen und jederzeit eingreifen können.

Da es den klassischen Fahrer auf der U 3 - und später auch auf der U 2 - nicht mehr geben soll, hat die VAG für das Personal das neue Berufsbild des KUS entwickelt, des Kunden- und Systembetreuers. Er soll auf den Bahnhöfen aufpassen, die Kunden informieren und auch mal ein Stück mitfahren.

Vollautomatische Bahnen gibt es zwar schon in einigen Städten wie in Paris, Lyon, Lille oder Turin. Dennoch wird das Nürnberger Projekt von Experten weltweit mit großer Aufmerksamkeit begleitet. Denn erstmals wird hier eine automatische U-Bahn in den Fahrbetrieb einer schon bestehenden, konventionell betriebenen Linie integriert. Die neue U 3 nutzt zum Teil Strecke und Bahnhöfe der U 2. Städte wie London, Paris oder Hongkong denken über ähnliche Projekte nach.

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