Christopher Street Day in Berlin:Drag-Queens, Beats und Politik

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450.000 Menschen haben sich diese Show nicht entgehen lassen: Neben aufregenden Kostümen und viel nackter Haut waren aber auch politische Themen von Belang.

Drag-Queens, Discobeats und die politischen Belange der Homosexuellen haben am Samstag in Berlin wieder Hunderttausende auf die Straße gelockt: Beim Christopher Street Day (CSD) säumten nach Veranstalterangaben 450.000 Schaulustige die Paradestrecke.

Trotz tropischer Hitze hatten sich viele Drag-Queens wieder in aufwendige Abendkleider geworfen. Andere Besucher passten ihre Kleidung den hochsommerlichen Temperaturen an und tanzten ausschließlich mit hautengen Leder-Shorts und einer Federboa bekleidet über den Kudamm.

"Verschiedenheit und Recht und Freiheit" lautete das Motto bei der traditionellen CSD-Parade, mit der Lesben und Schwule für mehr Gleichberechtigung und größere Toleranz werben. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), der sich offen zu seiner Homosexualität bekennt, sagte bei der Abschlusskundgebung an der Siegessäule, der CSD sei nicht nur "eine machtvolle Demonstration für Gleichberechtigung, gegen Diskriminierung und für Toleranz", sondern auch eine "Demonstration aller anständigen Menschen".

Mit dem CSD erinnern Schwule und Lesben jedes Jahr an die Polizeieinsätze gegen die Homosexuellen-Szene in New York im Juni 1969. Daher hat die Parade auch einen starken politischen Charakter - erst recht, seit in den vergangenen Monaten in einigen osteuropäischen Staaten zunehmend Repressalien und tätliche Übergriffe gegen Homosexuelle zu verzeichnen waren.

So mischten sich auch zahlreiche Lesben und Schwule aus Polen unter die Teilnehmer, denn für sie ist Berlin eine Art liberale Zufluchtsstätte. Der Grünen-Politiker Volker Beck war kürzlich bei einer Schwulen- Demonstration in Moskau verletzt worden, und erhielt dafür in Berlin den Zivilcouragepreis des CSD.

Auch die bevorstehende Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus prägte die Parade. Nicht nur Wowereit zeigte Präsenz, sondern auch sein CDU- Gegenkandidat Friedbert Pflüger. Man solle Wowereit nicht wählen, bloß weil dieser schwul ist, sagte Pflüger.

Der Familienvater zeigte zwar Verständnis für den Wunsch von Schwulen und Lesben, Kinder zu adoptieren, warb aber gleichzeitig für das klassische Mutter-Vater-Kind-Modell.

Vor allem Party

Wowereit machte sich für mehr Toleranz und gegenseitigen Respekt in der Gesellschaft stark: "Es geht nur gemeinsam - und dazu gehört es, dass wir uns gegenseitig respektieren." Trotz der politischen Botschaft zeigte sich der CSD aber vor allem als große Party, die einige Parallelen zu anderen Umzügen in Berlin aufwies.

Wummernde Discobeats und leicht bekleidete Tänzer erinnerten viele Beobachter an die Love Parade, die eine Woche zuvor durch den Tiergarten gezogen war. Von vielen Wagen wurde auch Kondome geworfen - ähnlich den "Kamelle" beim jährlichen Karnevalsumzug.

Und auch die Fußball-Weltmeisterschaft zeigte ihre Nachwirkungen: Eine Drag-Queen präsentierte sich im Kunstrasen-Kleid mit Fußbällen als Brüsten, und der Wagen der Berliner Verkehrsbetriebe war mit Luftballons geschmückt - in den Farben Schwarz, Rot und Gold.

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