Buswerbung gegen Gott:Fahrt doch zur Hölle

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"Es gibt keinen Gott": Weltweit bekleben Atheisten Busse mit ihren Botschaften. Nur in Deutschland wehren sich die Verkehrsbetriebe dagegen.

Ann-Kathrin Eckardt

Glaubensfragen gehören seit jeher zu den grundsätzlichen Dingen unseres Lebens. Erörtert werden sie in der Regel von Päpsten und anderen Kirchenvertretern, von Politikern und Gelehrten. In Deutschland wurde die Liste der Diskussionsteilnehmer jetzt um einen Akteur erweitert: die Nahverkehrsbetriebe.

Frommer Wunsch: So wie in dieser Fotomontage sollen die Busse aussehen. (Foto: Foto: oh)

Die Initiative Buskampagne.de will die atheistische Werbung "There is probably no God", die auf Londoner Bussen Aufsehen erregte, nach Deutschland bringen. Auch hierzulande will man nach Spanien, Italien und den USA für eine nichtreligiöse Weltsicht werben. "Immerhin sind 30 Prozent der Deutschen ohne Konfession", sagt Philipp Möller, einer der sieben Mitglieder und Sprecher der Initiative.

Zunächst schien das Vorhaben erfolgversprechend: Die Internetseite www.buskampagne.de war erst vier Tage freigeschaltet, da hatten die Initiatoren bereits die benötigten 19.500 Euro aus Spenden beisammen. Mit dem Geld sollten in Berlin drei Linienbusse drei Monate lang mit folgendem Schriftzug durch die Stadt fahren: "Es gibt (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) keinen Gott ..."

Die Atheisten hatten ihre Rechnung allerdings ohne die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) gemacht. Und ohne die Münchner. Und ohne die Bremer. Vergangene Woche folgten Absagen aus Leipzig, Regensburg, Stuttgart, Dresden, Potsdam, Fulda und Hamburg. Niemand wollte die gottlose Werbung auf seinen Bussen haben. Die Begründung war stets dieselbe: Man lasse keine weltanschauliche Werbung zu.

"Stimmt gar nicht", sagt Philipp Möller, "überall in der Berliner U-Bahn hängen Plakate mit Sprüchen wie 'Jesus liebt dich'." Zudem habe die BVG erlaubt, dass Anfang des Jahres in der U-Bahn Unterschriften für "Pro Reli" gesammelt wurden. Stimmt, sagt die BVG, "aber Pro Reli hat nicht großflächig geworben, sondern die Leute nur angesprochen", sagt BVG-Sprecher Klaus Wazlak. Zudem sei der Störfaktor bei einer großflächigen Werbung höher. Da die BVG ihren Fahrgästen aber eine "unaufgeregte Fahrt" bieten will, soll auch die Jesus-Werbung umgehend aus der U-Bahn verschwinden. "Sonst könnte morgen schon Scientology bei uns anfragen", sagt Wazlak.

In Köln sieht man die Sache mit der gottlosen Werbung zwar nicht ganz so eng, doch die Verkehrsbetriebe dort haben derzeit bekanntlich dringendere Probleme. Die Entscheidung wurde vertagt.

Offen sind die Antworten aus Hannover, Frankfurt, Nürnberg und Dortmund. Letztere erwartet Möller mit besonderer Spannung. Denn in Dortmund ist die katholische Kirche den Atheisten zuvorgekommen: Dort fährt bereits ein Bus mit der Aufschrift "Keine Sorge, es gibt Gott! Also schönen Tag" durch die Stadt.

Wenn aus diesen Städten ebenfalls Absagen kommen, haben die Atheisten noch eine Idee. "Dann müssen wir auf kleinere Städte ausweichen", sagt Möller. "Oder wir machen es wie in den Niederlanden." Auch dort sind die Atheisten an den Verkehrsbetrieben gescheitert und auf Plakatwände ausgewichen. Jetzt wirbt ein riesiges Plakat direkt neben dem Amsterdamer Flughafen für eine gottlose Welt.

© SZ vom 30.3.2009/tkw/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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