Bruchlandung in Sibirien:Airbus fängt nach Bruchlandung Feuer

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Bei dem Unglück auf dem Flughafen von Irkutsk sterben mindestens 120 Menschen, Dutzende werden verletzt.

Daniel Brössler

Es sah nach Routine aus. Flug 778 aus Moskau setzte am Sonntag um 7.44 Uhr Ortszeit auf der regennassen Landebahn im sibirischen Irkutsk auf. Ordnungsgemäß meldeten sich die Piloten beim Tower. Nur Minuten später aber mündete die Landung in eine Katastrophe.

Mindestens 120 Menschen kamen nach Behördenangaben ums Leben, mehr als 50 Menschen überlebten das Unglück zum Teil schwer verletzt. An Bord waren viele Kinder auf dem Weg in die Ferien am Baikalsee.

Zu den Überlebenden zählen der Fluggesellschaft Sibir zufolge auch zwei Deutsche. Sie wurden ins Krankenhaus von Irkutsk gebracht. Zu einem dritten deutschen Fluggast gab es bisher keine Angaben.

Zuerst schien alles glatt zu gehen

Zwar herrschte während der Landung schlechtes Wetter, die Piloten meldeten aber keine Probleme. Kurze Zeit nach dem Aufsetzen kam das Flugzeug von der Landebahn ab, durchbrach mit hoher Geschwindigkeit eine Betonbarriere und raste in Garagen außerhalb des Flughafens. Dabei wurde der Rumpf des Flugzeugs zerstört, die Maschine fing Feuer.

In den ersten Minuten nach der Bruchlandung konnten sich mehrere Passagiere durch eine geöffnete Tür aus dem Wrack befreien. Einer Flugbegleiterin war es gelungen, den Notausgang am Heck zu öffnen und so sich und zehn weiteren Menschen den Weg nach draußen zu ebnen.

"Wir sind normal aufgesetzt. Alles schien glattzugehen", schilderte wenige Stunden später die überlebende Russin Margarita Swetlowa das Geschehen. "Nachdem wir schon gebremst hatten, beschleunigten wir plötzlich wieder. Ich dachte, wir starten. Dann endete die Landebahn und wir wurden durchgerüttelt.

Mit dem Flügel erfassten wir den Zaun. Es war schrecklich. Das Feuer brach aus, die Menschen begannen zu schreien. Ich sah Menschen brennen. Für einen Augenblick verlor ich das Bewusstsein. Dann löste ich meinen Gurt und rannte. Ich sprang als eine der Ersten heraus."

Rettungsmannschaften konnten noch mehrere Dutzend überlebende Fluggäste aus der brennenden Maschine bergen. Nach Angaben der Fluggesellschaft Sibir befanden sich an Bord 192 Passagiere und acht Besatzungsmitglieder. Etwa 50 von ihnen überlebten den Unfall. Die Löscharbeiten dauerten mehrere Stunden.

Unklarheit herrschte am Sonntag über die Unglücksursache. Die Flugschreiber wurden geborgen und nach Moskau gebracht. Die Nachrichtenagentur Ria Nowosti machte unter Berufung auf Ermittlerkreise einen Defekt bei der Bremshydraulik für den Unfall verantwortlich.

Verkehrsminister Igor Lewitin verwies auf die nasse Landebahn und sagte dem Fernsehsender Rossija: "Wir müssen also die Kupplung und den technischen Zustand des Flugzeugs prüfen."

Aquaplaning auf der Landebahn?

Bei der Maschine handelte es sich um einen 1987 hergestellten Airbus, der damals von der US-Fluggesellschaft Pan American in Dienst gestellt worden war. Ende Juni habe die Maschine 52000 Flugstunden hinter sich gehabt, teilte die Fluggesellschaft Sibir mit.

Unklar blieb zunächst, welche Rolle der Zustand der Landebahn gespielt haben könnte und ob die Piloten mit Aquaplaning zu kämpfen hatten. Ein Wasserfilm auf der Bahn kann den Landevorgang erheblich erschweren. Man könne vorerst nicht davon sprechen, dass die Landebahn zu kurz oder in schlechtem Zustand gewesen sei, sagte der Chef der Gebietsverwaltung von Irkutsk, Jurij Paranitschew.

Die Staatsanwaltschaft schloss weder menschliches noch technisches Versagen aus. Präsident Wladimir Putin ordnete die Bildung einer Untersuchungskommission an. Auch Airbus entsandte ein Expertenteam. Sibir, zweitgrößte russische Fluggesellschaft, richtete Notfallzentren für die Familien der Opfer ein.

© SZ vom 10.07.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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