Britischer Geheimdienst:Mit Astrologie gegen Hitler

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Die Briten haben im Zweiten Weltkrieg einen Wahrsager beschäftigt - und fürstlich bezahlt. er wurde sogar zu US-Präsident Roosevelt geschickt.

Erstmals veröffentlichte Geheimunterlagen haben Erstaunliches offenbart: Der britische Geheimdienst MI5 hat während der NS-Zeit einen Astrologen beschäftigt, der den Spionen die merkwürdigen Gedanken und Pläne des deutschen Diktators Adolf Hitlers vorhersagen sollte.

Doch den Agenten war ihr Astrologe schon nach wenigen Jahren so lästig - und peinlich -, dass offen darüber nachgedacht wurde, wie man ihn wieder loswerden könne, ohne das eigene Ansehen darunter leiden zu lassen.

Luis de Wohl, ein 1903 in Berlin geborener Bankangestellter, gab sich nach seiner Flucht nach Großbritannien mal als Spross einer ungarischen Adelsfamilie, dann als Sohn eines Bankmagnaten aus.

Viele sahen in ihm einen Scharlatan. 1937 schrieb er sein erstes astrologisches Buch, "Ich folge meinen Sternen". Nach einer weiteren einschlägigen Veröffentlichung empfahl ihn schließlich eine spanische Gräfin an den Außenminister Lord Halifax: De Wohl sollte aus Hitlers Sternen lesen.

Fürs Schweigen weiterbezahlt

Die Regierung mietete schließlich ein Appartement in einem Hotel an der luxuriösen Londoner Park Lane für ihn. Der Chef des eigens erfundenen "Büros für psychologische Forschung" schrieb eifrig astrologische Gutachten über Politiker der Alliierten und über Nazi-Größen.

Mitte 1941 wurden de Wohl höchste Ehre zu Teil: Obwohl Premierminister Winston Churchill nicht an Astrologie glaubte, schickte er de Wohl als Teil einer Delegation in die USA, um die Regierung von Präsident Franklin Roosevelt zu überzeugen, in den Krieg gegen die Nazis einzutreten. Erfolglos, die USA erklärten Deutschland erst nach dem Bombardement Pearl Harbors durch die Japaner im Dezember 1941 den Krieg.

Schließlich wurde den Geheimdienstlern ihr Nostradamus lästig. In den Akten finden sich ab 1942 Diskussionen darüber, wie man ihn möglichst geräuschlos loswerden könnte. Ihn einsperren oder aufs Land schicken - zwei weitere Vorschläge wurden aus den Akten gestrichen.

Letztlich wurde der Weg des geringsten Widerstands gewählt: Seine Dienste wurden zwar nicht mehr genutzt, er wurde aber weiter dafür bezahlt, damit er schwieg und Großbritannien den Krieg ungestört und ohne Hilfe der Sterne weiterführen könnte.

© AP/ D'Arcy Doran - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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