Birman nach Zyklon:Diplomaten besuchen Katastrophengebiet

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Das Militärregime hat erstmals Diplomaten und UN-Mitarbeitern in das Irrawaddy-Delta gelassen. Birma will so demonstrieren, dass alles bestens organisiert ist.

Das Militärregime in Birma hat am Samstag erstmals ausländische Diplomaten und UN-Mitarbeiter ins Katastrophengebiet gelassen. Ausländische Helfer dürfen dort die mehr als eine Million Zyklon-Überlebenden nach wie vor nicht unterstützen. Vor der verwüsteten Küste traf unterdessen ein französisches Kriegsschiff mit 1000 Tonnen Hilfsgütern ein. Der britische Premierminister Gordon Brown verurteilte das Militärregime als "menschenverachtend", weil es keine internationalen Helfer zu den Opfern lassen will.

Kinder außerhalb der Metropole Rangun stehen für ein Essen an. (Foto: Foto: AFP)

Das Regime flog die Diplomaten und UN-Helfer in die Ortschaften Pyapon und Bogalay, wo Armee-Zelte für Überlebende aufgebaut worden sind. Die Tour war strikt organisiert und die Teilnehmer konnten sich nicht frei bewegen. Sie sahen nur wenige hundert gut versorgte Zyklon-Opfer in Lagern. "Was sie gezeigt haben, sollte nur den Anspruch unterstreichen, dass alles bestens organisiert ist", sagte ein Teilnehmer anschließend.

Hilfsorganisationen berichten, dass weiter Zehntausende, die bei der Wirbelsturm-Katastrophe vor zwei Wochen alles verloren haben, ohne jegliche Hilfe im Irrawaddy-Delta ausharren.

Die Version des Regimes ist völlig anders: Die erste Phase der Nothilfe sei erfolgreich abgeschlossen, zitierte die Staatspresse Ministerpräsident Thien Sein. Jetzt beginne der Wiederaufbau.

Zahlreiche Aufträge dafür gingen nach Informationen des Online- Magazins Irrawaddy an enge Vertraute der Junta-Generäle, von denen viele auf internationalen Schwarzen Listen stehen.

Das Regime hatte die Opferzahlen am Freitag drastisch nach oben korrigiert: auf 78.000 Tote und 56.000 Vermisste.

Der französische Hubschrauberträger Mistral kreuze vor der Küste Birmas in internationalen Gewässern, teilte das französische Verteidigungsministerium in Paris mit. An Bord seien gut 1000 Tonnen Hilfsgüter. Damit könnten 100.000 Menschen zwei Wochen mit Essen versorgt werden. Zudem könnten die Helfer Notunterkünfte für 60.000 Menschen bauen. Über eine Entladung werde verhandelt, teilte das Ministerium mit.

Der französische UN-Botschafter Jean-Maurice Ripert erklärte in New York, die Weigerung der Junta, das Schiff ins besonders betroffene Irrawaddy-Delta fahren zu lassen, könne "zu einem wirklichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit führen". Birma habe gefordert, die Hilfsgüter nach Rangun zu fliegen, von wo aus sie weiterverteilt würden, sagte Ripert. Die Militärführung besteht darauf, dass sie die Hilfsgüter selbst verteilt. Hilfsorganisationen befürchten jedoch, dass dann viele Nahrungsmittel für die Streitkräfte abgezweigt werden könnten.

Auch die US-Marine ist mit mehreren Schiffen voller Hilfsgüter in Sichtweite der birmanischen Küste und wartet auf die Erlaubnis, den Zyklon-Opfern zu helfen.

Der britische Regierungschef hat die Junta am Samstag erneut scharf kritisiert. Das Regime werde dafür zur Rechenschaft gezogen, dass es die Landsleute im Stich lasse, sagte Brown, ohne das näher auszuführen. Es habe aus einem Naturdesaster eine von Menschenhand verursachte Katastrophe gemacht. An diesem Sonntag wird der UN-Nothilfe-Koordinator John Holmes in Rangun erwartet. Er soll der Forderung nach Zugang für ausländische Helfer Nachdruck verleihen. Junta-Chef Than Shwe hat auf zwei Schreiben von UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon bislang nicht reagiert.

Am 24. und 25. Mai soll in Südostasien eine Geberkonferenz stattfinden. Die Vereinten Nationen schätzen, dass 1,6 bis 2,5 Millionen Menschen in Birma dringend Nahrungsmittel, Wasser, Medikamente und Unterkünfte benötigen.

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